Am 6.März 2017 trafen sich die Regierungs-Chefs Spaniens, Italiens, Deutschlands und Frankreichs im Schloss Versailles am Rande der französischen Hauptstadt zu Beratungen im Hinblick auf die weitere Entwicklung der Europäischen Union. Die Eingangs-Statements der Politiker sprachen Bände; nämlich darüber wie alternativlos europäische Politik derzeit gehandhabt wird – auf Kosten z.B. afrikanischer Staaten.


Um Ihnen das sichtbar zu machen, habe ich die jeweils aus meiner Sicht entscheidenden Passagen der Politiker extrahiert. Hier für benutzte ich Primärquellen, im konkreten Fall die von der Bundesregierung auf ihrer Web-Präsenz im Wortlaut widergegebenen Reden. Über diesen Weg umgehen Sie, liebe Leser, die propagandistisch verhackstückten Elaborate der Massenmedien, so überhaupt eine Aufarbeitung erfolgt. Ich erinnere noch einmal beispielhaft an die „Aufarbeitung“ einer Rede der britischen Premierministerin Theresa May.

Anlass des Treffens in Versailles war der 60.Jahrestag der Verabschiedung der Römischen Verträge. Am 25.März 1957 beschlossen die Regierungsvertreter Belgiens, der Niederlande, Luxemburgs, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs und Italiens die Gründung der EWG, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Auch wenn heute immer wieder europäische Werte heraus gehoben werden, handelte es sich doch tatsächlich um eine reine Wirtschaftsunion, hervor gegangen aus der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), auch Montanunion genannt, welche ihrerseits im Jahre 1951 entstand. [1]

Das damalige Credo ist das von heute, nichts hat sich ideologisch in all den Jahrzehnten geändert und so hießen auch die Hauptaufgaben des neuen Wirtschaftsbündnisses – neben einer Zusammenarbeit zur friedlichen Nutzung der Atomenergie:

  • Aufbau einer Zollunion mit einem gemeinsamen Außenzoll;
  • Abbau interner Handelshemmnisse und Errichtung eines gemeinsamen Marktes;
  • Bewegungsfreiheit für Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital [2]

Diese Ziele ordneten sich damals wie heute dem Wachstums-Paradigma unter. Basis ihrer Verlautbarungen ist demnach der Glaube führender Politiker an die Notwendigkeit des Wirtschaftswachstums. Auf dieser grundlegenden Fehlannahme baut das ganze fatale Konstrukt der Europäischen Union (EU) – als Nachfolger der EWG – auf.

Frankreichs Premier Francoise Hollande:

Unsere Völker wollen und verlangen von uns auch, dass wir ein fortschrittliches Europa bauen, mit Wachstum, Beschäftigung, sozialem Fortschritt und der Fähigkeit, die Europa eigen sein muss, nämlich dass Europa ein Projekt zu Zukunftsindustrie, zu Digitalisierung, zur Energiewende, zur ökologische Wende entwirft.“ [3]

Hollande suggeriert durch seine Worte, dass die Völker von den Politikern Wachstum verlangen; wollen die Völker das tatsächlich?

Die deutsche Bundeskanzlerin nahm den Begriff selbst nicht in den Mund sondern versteckte ihn:

Wir müssen eine Union sein, die wirtschaftlichen Wohlstand nicht nur verspricht, sondern den Menschen auch bringt. Arbeitsplätze, soziale Sicherheit, das Wohlstandsversprechen der sozialen Marktwirtschaft, wie wir es in Deutschland sagen, muss ein europäisches Versprechen sein.“ [4]

Sie sprach von wirtschaftlichem Wohlstand; aber wie definiert der sich? Denn geht es um einen rein materiellen Wohlstand, so ist er doch längst im Überfluss vorhanden. Europa ist über alle Maßen reich, so reich, dass sich eine nennenswert große teilweise geradezu dekadente Elite ausgebreitet hat. In Deutschland gibt es inzwischen weit über eine Million Millionäre und fast 20.000 Multimillionäre. [5][6] Es geht doch also vielmehr darum, wie der Wohlstand Europas verteilt ist.

Und weiterhin steht die grundlegende Frage, ob der gepriesene über Konsum gefütterte Wohlstand unserer Tage tatsächlich das ist, was wir wollen. Die grenzenlose Produktion von Gütern, um Konsum zu wecken und dann zu befriedigen ist ein Zeichen von Gier und Maßlosigkeit; auf Kosten der Schwachen in unserer Gesellschaft und vor allem auf Kosten anderer Gesellschaften. Umverteilung innerhalb einer maßvollen und tatsächlich bedürfnisorientierten Wirtschaft wäre ein diskutierbares Schlüsselwort, aber das wird nicht ernsthaft angefasst, denn es würde an den Grundfesten des derzeitigen neoliberalen Systems rütteln.

Spaniens Premier Rajoy sagte:

Das Ziel ist das, was die Menschen wollen, nämlich Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und schließlich und endlich auch eine Verbesserung und Stärkung des Erziehungssystems, des Rentensystems, des Wohlfahrtsstaates, also eine Unterstützung der Wirtschaft, eine Verbesserung der Situation der jungen Menschen.“ [7]

Da ist sie erneut; die Unterstellung, dass die Menschen es wollen und deshalb Wirtschaftswachstum (als Voraussetzung) für Beschäftigung umgesetzt werden muss. Warum stellt sich keiner aus der Politikergilde die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Wirtschaftswachstum?

Und was sagte der italienische Regierungs-Chef Gentiloni?

„Wir brauchen ein soziales Europa. Wir brauchen ein Europa, das Investitionen anregt, das Beschäftigung und Wachstum schafft.“ [8]

Das nenne ich schon mal fundamentale Alternativlosigkeit.

Die Fixierung auf Wirtschaftswachstum hat schwer wiegende Konsequenzen. Sie führt irgendwann zu einer Sättigung des Marktes, weil einfach nicht mehr genug „Kaufreize“ gesetzt werden können und in einer egoistischen Wettbewerbsgesellschaft die Vermögen zwangsläufig extrem ungleich verteilt sind. Über die Chimäre Geld ist es inzwischen so, dass sich eine Gesellschaftsschicht parasitär durch leistungsloses Einkommen in Form von Zinserträgen auf Kosten aller hemmungslos bereichert. Gleichzeitig verschärft sich der Wettbewerb auf der Preisebene; mit der Folge, dass alle Marktteilnehmer bestrebt sind, (im wahrsten Sinne des Wortes) um jeden Preis die Kosten zu senken. 

Die Kosten meinen aber nur den Preis als Quantität in der Chimäre Geld. Die wahren Kosten, nämlich der Verbrauch an menschlichen Ressourcen und allen anderen tatsächlichen Ressourcen steigen immer weiter an. Unsere Gesellschaften produzieren überhaupt nicht effizient! Im Gegenteil erzeugen sie immense Kosten, denn die fallen an, wenn wir unsere Umwelt auch in Zukunft lebensfähig halten wollen.

Warum nun hinterfragen die Politiker nicht die wahren Ursachen der geradezu religiös hin gebeteten Mär vom notwendigen Wirtschaftswachstum? Wie kann es sein, dass konsequent das dahinter liegende kreditbasierte auf Zins und Zinseszins aufbauende Geldsystem in der Hand privater Banken verschwiegen wird. Auch Verschweigen ist Lüge, wer also sorgt dafür, dass die offizielle Politik diese Lüge aufrecht erhält?

Wir sehen, dass sich die offizielle Politik nicht an die wirklichen Probleme unserer Gesellschaften heran wagt und das gilt über alle Grenzen hinweg. Statt dessen versteckt sie sich in einer Scheinwelt vorgegebener Annahmen, sprich Voraussetzungen die gar nicht existieren aber die Basis politischen Handelns ausmachen. Die Folgen sind katastrophal – nur spüren wir das (bisher) nur gedämpft, denn die Katastrophen finden (noch) andernorts statt.

Denn weil wir in unseren Gesellschaften eine verbreitete Ideologie des Eigennutzes und maßloser Bereicherung leben und dies durch – und ich betone es ausdrücklich – durch das Rechtsmittel des gesetzlich verbrieften Finanzsystems gestützt wird, gibt es auch den nicht nachlassenden Druck, neue Märkte erschließen zu müssen. Die falsche Grundannahme bestimmt also den aggressiven Drang der EU in Richtung Naher Osten und Afrika. Und das spiegelte sich eben auch in den Reden aller Spitzenpolitiker der vier stärksten EU-Wirtschaften. Extrahiert man die entsprechenden Passagen aus dem insgesamt wohlfeilen Gesamttext kann die Brutalität, mit der expansionistische Ansprüche formuliert werden, nur erschrecken.

Francoise Hollande sagte nämlich:

„Der dritte Punkt, der auf dem Spiel steht, ist: Europa muss die Verteidigung seiner Interessen und seiner Werte überall auf der Welt sicherstellen. Aus diesem Grunde muss Europa gegenüber Afrika eine Entwicklungspolitik formulieren. […] Wir müssen auch unsere Handelsinteressen verteidigen in einer Welt, in der die Konzeption nicht Protektionismus sein kann. Es kann natürlich auch kein ungeregelter Freihandel sein. Wir müssen dafür sorgen, dass sich die Welt Regeln gibt. Deshalb muss Europa ein Vorreiter sein und Regeln festlegen. [9]

Ist es Ihnen aufgefallen? Das aggressive Durchsetzen wirtschaftlicher Interessen im Ausland nennt Francoise Hollande „Handelsinteressen verteidigen„. Ich merke außerdem an, dass Hollande mit Protektionismus natürlich den Protektionismus der Anderen meint; nicht den Eigenen. Frankreich ist nach wie vor der aggressivste Vertreter der europäischen Großmächte in Afrika, als Stichworte seien nur durch Frankreich getriggerte Umstürze souveräner afrikanischer Regierungen und die zwangsweise Aufrechterhaltung des CFA-Franc als defacto verbindlicher Währung in vielen afrikanischen Staaten genannt. [10]

Und ausgerechnet der Großteil jener Länder gehört zu den am wenigsten Entwickelten dieser Erde. Wer weiß schon, dass etwa 90 Prozent aller Devisen-Reserven dieser Staaten unter Zwangsverwaltung der französischen Staatsbank gehalten werden und somit den Afrikanern der Zugriff auf diese Gelder im Prinzip nicht möglich ist. [11]

Vergleicht man die Reden der vier Politiker fällt auf, dass die deutsche Bundeskanzlerin den Hegemonismus und die Aggressivität Deutschlands sehr geschickt verpackte; viel geschickter als ihre Amtskollegen. Auch sie sprach Afrika an:

„Wir müssen vor allem – François Hollande hat es gesagt – eine Strategie in Richtung Afrika entwickeln. Afrika ist der Kontinent, dessen Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten am langsamsten gegangen ist, der aber unser Nachbar ist. Europas Schicksal wird von der Zukunft Afrikas nicht nur abhängen, sondern untrennbar mit ihr verbunden sein.“ [12]

Mit Letzterem hatte sie zweifellos recht. Jedoch verschwieg sie eloquent, dass es eine Strategie schon längst gibt und sie über ein Dutzend sogenannter Freihandelsabkommen mit afrikanischen Staaten in Rechtsformen gepresst wurde. Wirklicher Freihandel ist das aber gar nicht sondern eine neue Form von Kolonialismus mit skrupelloser Auspressung der Ressourcen Afrikas. [13] Diese Auspressung ist eines der Geheimnisse hinter dem stetigen Wirtschaftswachstum europäischer Staaten. [14] Und es gibt keine Scheu, das auch noch als Entwicklungshilfe zu titulieren. Staaten dieser Regionen, die sich dem verordneten Freihandel jedoch nicht unterwerfen wollen, werden unverhohlen mit einem Wirtschaftskrieg überzogen – siehe Syrien, genau gegen dieses Land führt die EU einen solchen.

Der italienische Ministerpräsident sagte:

„Wir brauchen ein stärkeres, ein präsenteres Europa in der Welt, ein Europa, das auf der Weltbühne in der Lage ist, Sicherheit zu bieten und Fortschritte in der gemeinsamen Verteidigung zu erzielen. Wir alle sind uns dabei einig. Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien – wir wollen bei der gemeinsamen Verteidigung weiterkommen. Auch das muss uns die Möglichkeit geben, unsere politische Rolle stärker und besser auszuüben, sei es in Richtung Mittelmeer, sei es in Richtung Afrika, um unsere Sicherheit stärker und besser sicherzustellen. Präsent zu sein in der Welt, das heißt auch, das zu sein, was wir sind. Wir sind die größte Handelsmacht in unserer Epoche. Europa muss also in der Lage sein, zu Handel und zu Austausch beizutragen, gerade auch in einer Zeit, in der der internationale Handel aus der Mode gekommen zu sein scheint. Ich denke also, Europa muss all diese Chancen nutzen, die sich bieten.“ [15]

Hier wird der Sicherheitsgedanke aufgeworfen, um die EU-Politik gegenüber Afrika zu legitimieren. Ursache und Wirkung werden vertauscht – genau wie es uns die Medien täglich zelebrieren. Das aggressive Agieren europäischer Politik und Wirtschaftsunternehmen in Richtung Afrika wird zu einer Verteidigung umgedeutet. Nicht dagegen getraut sich Gentiloni, klar zu sagen, gegen wen man sich da verteidigt, nämlich gegen die afrikanischen Opfer der europäischen Wachstumspolitik. Migranten, gemeint sind die sozial Entwurzelten, durch Kriege traumatisierten Menschen, werden als Bedrohung wahr genommen und uns Bürgern sanft als Feinde unter geschoben, mit denen man anders umgehen darf, als mit „normalen“ Menschen. Da es „Schwarze Schafe“ nicht nur in Deutschland und Europa sondern auch in Afrika gibt, hat man kein Problem, entsprechende Negativbeispiele zu selektieren und so bei den Menschen hier dumpfe Hassgefühle zu wecken.

Nur ist es so, dass diese Menschen aus Staaten kommen, die wir dreist berauben. Wir als Gesellschaften sind die großen Gangster, um uns dann über die kleinen Gauner zu beschweren, die auf mehr oder weniger feine Art, etwas vom geraubten Gut abhaben wollen. 

Ideologie gepaart mit dem passenden Finanzsystem werden nicht als Problem wahr genommen sondern als europäische Werte im EU-Bauchladen vor sich her getragen. Und so bekommen die Statements der Politiker den sattsam bekannten Wohlklang. Hinter diesem Wohlklang kann man wunderbar die eigene Verantwortung verstecken, Ängste schüren und damit das bei den Menschen erzeugte Gefühl mangelnder Sicherheit bedienen; mit Maßnahmen die in einer nicht von Angst geprägten Gesellschaft schwer durchsetzbar wären.

Und so sagte der französische Premier:

Wir leben in einem Kontext, der viel Unsicherheit mit sich bringt, auch viel Unruhe, in dem Prinzipien und Grundsätze, die für immer zu gelten schienen – Rechtsstaat, Solidarität, Öffnung, sogar die Demokratie – auf dem Spiel zu stehen scheinen. Aus diesem Grunde können wir nicht einfach nur das Jubiläum der Römischen Verträge begehen, sondern wir müssen gemeinsam unser Engagement für die Zukunft festschreiben.“ [16]

Und nun kommt die Demokratie in´s Spiel – als missbrauchte Floskel zur Durchsetzung ökonomischer Ziele, als Vehikel zur Weiterführung des vermeintlich alternativlosen Modells vom ewigen Wirtschaftswachstum. Die Rechtsstaatlichkeit aber endet hinter den Grenzen der Europäischen Union. Sie wird zwar bei den Ländern der Dritten Welt angemahnt aber durch die EU-Politik hintertrieben. Es ist eine scheinheilige Forderung nach Demokratie in anderen Staaten, wenn doch die eigene praktische Politik strikten, empathielosen Wirtschaftsinteressen unter geordnet ist.

Gerade Frankreich hat in übelster Weise das propagierte Streben nach Demokratie ad absurdum geführt, als es an vorderster Front 2011 ein funktionierendes Staatswesen zerschlug. Nicht etwa weil es galt, Demokratie in Libyen herzustellen (die gab es nämlich!); sondern weil Libyen als Vorreiter einer afrikanischen Emanzipation auftrat. Diese Emanzipation betraf ein eigenes souveränes Finanz- und Wirtschaftssystem und hätte die schrankenlose Auspressung dieser Staaten – gerade durch Frankreich – beendet. [17][18]

Wirtschaftswachstum benötigt Energie; am besten billige Energie. Die Atomindustrie Frankreichs ist eben nur deshalb effizient, weil sie auf Ausbeutung fremder Ressourcen beruht. Und woher bezieht Frankreich das Rohmaterial für seinen Kernbrennstoff? Aus dem Niger! Mit desaströsen Auswirkungen für das afrikanische Land. Ist der Niger damit wohlhabend geworden? Ich denke, Sie kennen die Antwort. [19] Wissen Sie, wo außerdem noch größere Uran-Vorkommen vermutet werden? In Mali, Mali? Richtig, im Nachbarland des Niger. Wieso ist Mali eigentlich so instabil? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, warum Mali´s staatliche Strukturen ausgerechnet instabil wurden, nachdem man den libyschen Staat zerschlagen hatte? [20]

Ist Ihnen vielleicht auch schon aufgefallen, dass die Bekämpfung des Islamischen Staates in Libyen genauso „effektiv“ durch die Koalition gegen den Terror geführt wurde, wie in Syrien und dem Irak? Während uns das Narrativ vom Kampf gegen den Terror in den Ohren dröhnte, wurde Dash auch in Libyen immer stärker. [21] Und Libyens südliche Nachbarstaaten sind? Eben der Niger und Mali; und sehen Sie, hier schimmert sie durch, die große Lüge vom Kampf der westlichen Demokratien um ein besseres Afrika.

Und wenn man das weiß, können einem sehr düstere Gedanken kommen. Die ständig überschwappende mediale Empörung über die „rechte“ PEGIDA bzw. die „rechte“ AfD scheint mir Teil eines groß angelegten Kasperle-Theaters zu sein, mit dem die Menschen hier, einschl. vieler Anhänger der beiden politischen Bewegungen missbraucht werden. Denn es werden Stimmungen von Unzufriedenen in eine gewünschte Richtung kanalisiert, die exakt den strategischen Plänen der EU entsprechen.

Deswegen bekommen benannte Strömungen auch einen Stammplatz in der Medienberichterstattung und können gar als Zeichen her halten, dass unsere Demokratie auch andere Meinungen aushält. Nur: Sind das wirklich andere Meinungen oder sehen wir hier denn nicht genau die Alternativlosigkeit, welche die Strategie der EU auszeichnet? Erst wurden Verhältnisse in Deutschland geschaffen, welche genau den Ruf nach Abschottung (vor Flüchtlingen, Migranten) laut werden ließen. Wobei man die wahren Ursachen dieser Katastrophe (und zwar für die Flüchtlinge!) hinter Narrativen versteckte. Das wurde gepaart mit einer permanenten Aufrechterhaltung imaginärer Angst vor (man beachte) islamistischem Terror. Wo doch der Terror tatsächlich in ganz anderen Gegenden statt findet – den Herkunftsländern des Großteils der Flüchtlinge! Darin konzentrieren sich nun ihrerseits die Forderungen von AfD und Co. – sich nämlich abzuschotten „vor den Arabern und Afrikanern“. Und nichts anderes steht jetzt auf der EU-Agenda; Zufall? Und wer denkt dabei an das Grundproblem – die Mär vom alternativlosen Wirtschaftswachstum?

Die benannte und als rechts verschriene neue Opposition um die AfD herum ist dem Establishment mehr als willkommen, denn sie verändert – NICHTS. Der Name der Partei ist genau der Schein, der die Unzufriedenen wieder in die Spur bringen soll und ihnen eine Alternative suggeriert – die sie mitnichten ist. Und genau deshalb bewegt sich auch die AfD in Richtung Regierungstauglichkeit – ganz großes Theater.

Weil das hier ein besonders „gelungenes“ Beispiel von Selbstprojektion ist, soll abschließend nochmals Hollande zu Wort kommen:

„Außerdem müssen wir ganz klar sagen, was Europa ist, was wir geschafft haben, worauf wir aufbauen wollen, wozu wir stehen, wofür wir zusammenstehen: nicht nur für ein Wirtschaftssystem, sondern es ist ein Wertesystem. Demokratieverteidigung, die Ideen der Freiheit, der Würde und der Solidarität wollen wir tragen. Angesichts der Populisten, der Nationalisten und der Extremisten [sic!] müssen wir zeigen, dass wir in der Lage sind, den notwendigen Zusammenhalt zu haben, dass wir Impulse geben können und dass wir die Fähigkeit haben, die Zukunft zu definieren.“ [22]

Die Anderen sind es, die bedrohen, wir sind die Guten; das ist die Botschaft. Besser kann man propagierte Alternativlosigkeit kaum in Worte fassen, zumal sie auch noch fast alle Facetten gelungener Propaganda, so wie wir sie aus den Massenmedien kennen, enthält. Mehr noch stecken in Orwellscher Umkehrung der Worte dahinter die Kriege, welche Frankreich derzeit führt; mit der EU im Rücken, mit Deutschland als Partner oder auch selbstherrlich allein entscheidend und systematisch das Völkerrecht brechend. Noch einmal weise ich in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die sogenannte Freie Syrische Armee (FSA) ab 2011 unter der ehemaligen französischen Kolonialflagge in den Krieg gegen Syrien zog [23]; was mehr als einen symbolischen Wert darstellt.

Es ist an der Zeit, dass sich ein breites politisches Bewusstsein in einem nennenswerten Teil der Bevölkerung heraus bildet, womit der Fokus endlich über die auftretenden Sekundärprobleme hinaus auf die Primärprobleme unserer Gesellschaften gerichtet wird. Nur dann kann überhaupt einmal der offene Diskurs zu diesen Primärproblemen geführt werden.

Bleiben Sie in diesem Sinne schön aufmerksam.


Quellen

[1-2] https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/177241/roemische-vertraege

[3-4,7-9,12,15,16,22] https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2017/03/2017-03-07-bk-statement-versailles.html

[5] http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/welt-wohlstandsbericht-in-deutschland-gibt-es-rund-116-000-neue-dollar-millionaere/10066256.html

[6] http://www.spiegel.de/wirtschaft/reichtum-deutschland-hat-die-meisten-multimillionaere-in-europa-a-1003878.html

[10-11] https://www.dandc.eu/de/article/es-ist-zeit-die-bindung-des-cfa-franc-and-den-euro-zu-loesen-schreibt-senegalesischer

[13] https://netzfrauen.org/2016/10/09/afrika-2/

[14] 21.3.2016; http://www.dw.com/de/eu-freihandelsabkommen-mit-afrika-hilfe-oder-selbstbedienung/a-19127258

[17] 7.7.2011; http://goldsparplan24.com/blog/libyen-krise/gaddafis-wahrer-plan-der-golddinar.html

[18] Angelika Gutsche; 15.1.2015; https://www.freitag.de/autoren/gela/was-die-nato-verschweigt

[19] Marvin Kumetat; 28.12.2013; http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/niger-areva-baut-im-grossen-stil-uran-ab-und-schadet-der-umwelt-a-934979.html

[20] Matthias Gebauer, Björn Hengst; 16.1.2013; http://www.spiegel.de/politik/ausland/mali-frankreich-kaempft-gegen-islamisten-und-um-bodenschaetze-a-877679.html

[21] Martin Gehlen; 3.12.2015; http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-12/libyen-islamischer-staat

[23] https://nocheinparteibuch.wordpress.com/2013/05/18/syrische-opposition-in-aleppo-ergreift-masnahmen-gegen-terrorismus-und-unzucht/

[Titelbild] Titel: Industrial Smoke; Autor: unbekannt; Quelle: https://pixabay.com/en/sunset-sky-industrial-smoke-692298/; Lizenz: CC0 Public Domain; Bild geschnitten durch Peds-Ansichten

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Von Ped