Gedanken zu einem gelebten System anlässlich des Weltfriedenstages.


Heute, am 1. September, ist Weltfriedenstag. Ohne die Ereignisse des 1. September 1939, als das deutsche Reich den Krieg gegen Polen begann – einen Krieg, der in einen Weltkrieg mündete – hätte es auch die barbarische Zerstörung einer der schönsten Städte Europas, samt dem Tod zehntausender Einwohner und Flüchtlinge – meiner Heimatstadt Dresden – nicht gegeben. Kriege, für deren Ausbruch und Fortgang Deutschland Mitverantwortung trägt, finden aber auch in der Gegenwart statt. Sie werden in hohem Maße auf wirtschaftlicher Ebene geführt und basieren ihrerseits auf einem fragwürdigen Wirtschaftskonzept.


Dieses Wirtschaftskonzept ist Teil eines Systems, in das wir eingebettet sind und nach dessen Regeln wir leben. Wir befolgen die Regeln der Marktwirtschaft, in dem wir als letzte Instanz aller Produktion die Rolle des Konsumenten ausfüllen. Nur das, was wir konsumieren, bedient Kapitalinteressen und darüber entscheidet sich auf Dauer eben auch, ob sich ein Produkt „am Markt“ durchsetzt oder nicht. Die Frage, inwieweit das, was wir da konsumieren, natürliche Bedürfnisse befriedigt, ist nachrangig. Das Gleiche gilt für die Auswirkungen, von denen durch diesen Konsum unsere Umwelt und Mitmenschen hier und anderswo betroffen sind.

Zugespitzt formuliert, entscheiden wir mit unserem Alltagsverhalten über Krieg und Frieden – auch über Krieg und Frieden in weit entfernten Regionen. Daher ist das ausschließliche Fingerzeigen auf die Politiker, wie auch die großen Konzerne und Banken in gewisser Weise unehrlich. Denn groß wurden diese zwar auch, weil Politik in ihrem Sinne handelte. Entscheidend aber war und ist immer, ob ein Produkt als Angebot von den Menschen auch angenommen wird. Wir haben – die Regeln des kapitalistischen Marktes befolgend – nach unserer persönlichen Rendite entschieden. Auf der Strecke blieben die sogenannten Kleinen, mit ihnen die Vielfalt – und nicht zu vergessen: die Empathie.

Der Niedergang der Tante Emma Läden ist – aus meiner Sicht – ein Symbol für das „Geiz ist geil“ – Prinzip, das wir öfter befolgen, als wir es uns zuzugeben wagen. Wo „Geiz ist geil“ regiert, regiert auch Besitzstandswahrung – und zwar in allen Schichten einer solchen Gesellschaft. Besitzstandswahrung und Verteilungskämpfe sind die Folge. Auf der anderen Seite erleben wir unreflektierten Konsum. Gerade dieser – als letzter Instanz in der kapitalistischen Verwertungslogik – trägt den Keim des Krieges in sich.

Ein Beispiel aus dem hier und heute möchte das deutlich machen. Reden wir über Elektroroller, denn unter anderem ihr Erscheinen betrifft sehr wohl die Frage von Krieg und Frieden. Wir haben es hier mit einem bestimmten Konsum, getriggert durch Anreize zu tun. Ob sich die Nutzer dieser Gefährte jemals gefragt haben, welche tiefgreifenden Konsequenzen mit der Einführung solcher Produkte verbunden sind?

Für die Akkus dieser Gefährte wird Cobalt benötigt. Über die Hälfte davon kommt aus der Demokratischen Republik Kongo. Größter Anbieter ist ein Schweizer-Konzern: Glencore (1).

In dieser Republik des Kongo gibt es privilegierte Kinder – Kinderarbeiter die bevorteilt sind, weil sie nämlich über eine Schaufel verfügen und deshalb nicht mit bloßen Händen nach dem wertvollen Rohstoff graben müssen.

In einem Jahrzehnt verdreifachte sich der Abbau von Cobalt in diesem Land (2), denn es wird benötigt in Smartphones, Notebooks und – Elektroautos, respektive Elektrorollern (3). Im gleichen Zeitraum starben dort hunderttausende Menschen in Folge nicht enden wollenden militärischen Auseinandersetzungen.

Krieg erwächst eben nicht nur aus rücksichtsloser Gier nach Macht und ideologischem Wahn. Er hat seine Wurzeln in mindestens gleichem Maße in Oberflächlichkeit, in gedankenlosem, emotional getriggertem Konsum, im Mitschwimmen in der Welle der Bequemlichkeit, im ganz profanen Alltagsverhalten – zum Beispiel in Bezug auf Elektroroller.

Die Zahl der durch kriegerische Handlungen und ihre Begleiterscheinungen seit Anfang der 1990-er Jahre ums Leben gekommenen Kongolesen liegt irgendwo zwischen sieben und zwanzig Millionen Menschen – genau weiß man es nicht. Nur zum Vergleich: Der Erste Weltkrieg brachte es auf fünfzehn Millionen Opfer (4).

Was meinen Sie? Konnten westliche Konzerne über Jahrzehnte die kostbaren Rohstoffe des Kongo profitabel FÜR UNS vermarkten, OBWOHL dort blutige Kriege stattfinden oder doch eher WEIL EBEN dort diese Kriege wüten?

Die Akkus – nicht nur der Elektroroller – benötigen zudem das sehr selten vorkommende Lithium. Die größten Ressourcen finden wir in Bolivien und Chile (5). Dort werden durch das Aufschließen des Lithiums aus Salzseen Lebensräume für Menschen und Tiere zerstört (6). Der australische Bergbaukonzern AVZ Minerals ist in den vergangenen Jahren mit seinen Aktien durch die Decke geschossen. Nämlich seit er an die Ausbeutung einer Zinnmine zur Lithium-Gewinnung gegangen ist – im Kongo (7).

In Smartphones steckt Tantal, das Rohmaterial Coltan – wo kommt es her? Zu großen Teilen aus der schon erwähnten, kriegsverheerten, kinderarbeitenden Volksdemokratischen Republik Kongo. Viel Spaß mit der neuesten Smartphone-Generation (8).

In elektronischen Schaltkreisen und deren Peripherie wird kostbares Gold und Platin verbaut. Die werden im Kongo unter den unwürdigsten Bedingungen gefördert und durch westliche Konzerne profitabel vermarktet. Beim Kauf der „preiswerten“ Endgeräte sind wir alle hier die Nutznießer. Während der an Rohstoffen unvorstellbar reiche Kongo bettelarm ist (9).

Industrie 4.0, 5G, überhaupt die gesamte großräumige Vernetzung digitaler Komponenten, die Milliarden von Endkomponenten – also Computer und Sensoren in Industrie und Privathaushalten in sich tragen, enthalten in ihrer so positiv vermittelten Innovation etwas sehr Zerstörerisches. Nicht zu vergessen die sogenannte Cloud – zu deutsch Wolke, in der wir in riesigen Mengen Daten, Bilder und Filme ablegen. Diese Welt ist nur scheinbar virtuell, denn sie basiert auf Unmengen materieller Ressourcen.

Weil wir nämlich Innovation maßlos und damit verantwortungslos betreiben.

All das hat mitnichten etwas mit der Befriedigung eines Bedarfs natürlicher, menschlicher Grundbedürfnisse zu tun.

Doch all das hat etwas mit Ressourcen zu tun – und damit auch mit Krieg.

25 Prozent allen Energieverbrauches wird allein schon durch die schöne neue Informationswelt gefressen. Man schätzt, dass die vollständige Umstellung auf Elektromobilität in Deutschland den Energieverbrauch um ein weiteres Viertel erhöhen wird – 25 Prozent mehr, allein für Energie (10).

Ich höre ständig etwas von Klimakatastrophe. Wie wäre es, wenn wir uns langsam, aber aufrichtig der weltweiten und kriegstreibenden globalen Umweltkatastrophe annehmen? Das Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“ wird allerdings dazu kaum taugen.

In jeder elektronischen Komponente und damit in so ziemlich jedem technisch angehauchten Konsumgut steckt auch ein Hauch von Schweiß, Blut, Tod und Umweltzerstörung – von Krieg.

Unser Alltagsleben verantwortet Kriege anderswo. Elektroroller sind hierzulande ein Heidenspaß, doch in Wirklichkeit sind sie ein Symbol für pure Verschwendung, Ausbeutung, Umweltzerstörung, Krieg. Der Bedarf nach ihnen wurde und wird künstlich erzeugt, denn tatsächlich braucht diese Gefährte kein Mensch. Außerdem sind sie das Vorspiel für viel größere Pläne innerhalb unserer Wachstumsgesellschaft, sie sind der Probelauf für das Elektroauto.

Kriege werden immer moralisch gerechtfertigt, doch der Zweck ist profan: Es geht bei Kriegen um die – schicklich gesagt – Sicherung von Ressourcen. Doch ehrlicherweise müssen wir es Raub von Ressourcen nennen. Ressourcen – zum Beispiel für Elektroroller. Jeder mag sich ausmalen, welche Dimensionen das mit massenweise gebauten Elektroautos annimmt.

Krieg ist immer auch dazu da, eigene Probleme – statt sie bei sich selbst zu lösen – auf andere abzuwälzen.

Krieg ist also eine – auch und gerade wirtschaftliche – Scheinsanierung auf Kosten anderer.

Die Teilnehmer der aktuell geführten öffentlichen Diskussionen im Land zeigen in ihrer großen Mehrheit nicht den Mut, im Sinne des Friedens zu handeln – auch wirtschaftlich im Sinne des Friedens zu handeln. Wirtschaftlich verantwortungsvolles Handeln beginnt beim Konsumenten, beim Endverbraucher. Er bestimmt durch seine Kaufentscheidungen auf lange Sicht, was produziert oder auch nicht mehr produziert wird.

Zwei Darsteller dienen in der Gegenwart als Anker einer Scheindiskussion, welche die grundsätzlichen Probleme behende umgeht. Diese stecken auch und im Besonderen im Alltag kapitalistischen Wirtschaftens, seiner Art und Weise zu produzieren und zu konsumieren. Und trotzdem – wenn auch unbewusst – zeigen Greta Thunberg als auch Carola Rakete auf das Dahinter. Sie zeigen auf eine Krise und fordern unser kritisches Denken heraus, um die Ursachen der Krise in der Gesellschaft, in der wir leben zu hinterfragen.

Damit sind wir natürlich auch gefragt, unsere ganz persönliche Rolle in dieser Gesellschaft – einer Gesellschaft die nach bestimmten wirtschaftlichen Kriterien aufgestellt ist – zu überdenken.

Eine friedliche Welt beinhaltet auch eine geachtete Umwelt – ja beide bedingen einander.

Greta Thunberg „zeigt“ zwar auf das Klima – eines für dessen Veränderung sogenannte Experten und der Mainstream felsenfest die erhöhte Konzentration des Spurengases Kohlendioxid festmachen. Was ich ganz erstaunlich finde, in einer komplexen, chaotischen, nicht in Modelle pressbaren Atmosphäre, die zudem noch mit einer Unzahl anderer bekannter wie unbekannter Komponenten interagiert. Doch brauchen wir doch das „Klima“ nur durch die „Umwelt“ ersetzen und zudem den Blick über unsere Landesgrenzen richten – zum Beispiel nach Afrika, zum Beispiel in den Kongo.

Kernkraft wird derzeit – auch von Greta – als Alternative im Rahmen einer Klimadebatte ins Feld geführt. Kernkraft würde das CO2 senken und so das Klima „retten“. Aber Kernkraft ist ein Umweltzerstörer, mehr noch ein Kriegstreiber.

Wissen Sie, dass die Rentabilität der französischen, auf Kernkraft basierenden Energiewirtschaft etwas mit den Kriegen auf dem afrikanischen Kontinent zu tun hat? Die entsprechenden uranhaltigen Rohstoffe für die sogenannten Yellow Cakes zu rauben – das ist das ganze Geheimnis (11). Frankreichs Energiekonzerne holen sie sich aus dem Niger und seiner Umgebung, von dort wo ständig kriegerische Konflikte schwelen. Das muss es auch. Denn das Ganze funktioniert nur, wenn das Opfer schwach und gespalten ist und deshalb wird der halbe afrikanische Kontinent ständig wiederkehrend von Kriegen heimgesucht. Unsere westlichen Gesellschaften benötigen diese Kriege, um an die Ressourcen dort zu kommen.

In Straßbourg haben Straßenbahnen Klimaanlagen (12). Mit Kernenergie ist das sogar profitabel. Profitabel heißt aber nicht, dass es unsere Umwelt schont. Doch wen interessiert das schon? …

Wenn wir so weitermachen wollen, dann ist eine CO2-Steuer genau die richtige Lösung. Weil wir dann in unserem Verhalten – ausgerichtet auf kapitalistisches Denken in Produktion, Vermarktung UND Konsum – nichts ändern müssen. Der Zweck einer CO2-Steuer liegt in der Finanzierung neuer Investitionen – Investitionen die sich in allererster Linie rentieren, die profitabel sein sollen.

Idealerweise heben Investitionen die Bonität von Unternehmen und befördern das Kreditgeschäft der Banken. Das ist nämlich der Zweck einer CO2-Steuer. Kapitalismus ist Produktion zum Zwecke geldwerten Vorteils und hat mit Moral wenig am Hut.

Was die Investition für das Unternehmen, ist das lebensnotwendige und zum Wachstum verurteilte Kreditgeschäft für die Banken. Gäbe es diese Prämisse nicht, fiele zumindest die durch das Finanzsystem getriebene Konsumtion –  über die Befriedigung jeder natürlichen Bedürfnisse hinaus – einfach weg. Doch das Geld-Geschäft ist das Mantra. Damit sind die Teilnehmer gezwungen, den erweiterten Bedarf an Ressourcen anzumelden – und Ressourcen besorgen wir uns woher?

Das muss so sein, erfahren wir: Denn diese „notwendigen“ Investitionen schaffen schließlich Arbeit und Wohlstand. Wie wir ja wohl alle wissen, sind diese Investitionen deshalb alternativlos – genauso wie die Ressourcen-Beschaffung.

Ist dieses, unser aller gelebtes Wachstumsmodell alternativlos? Es ist ein Kriegsmodell!

Carola Rakete ist eine weitere medial gehypte Symbolfigur – genutzt für das Thema Flüchtlingsrettung aus dem Mittelmeer. Warum es Millionen Entwurzelte gibt, die nun auch für uns als Flüchtlinge sichtbar werden – diese Frage wird nicht ehrlich beantwortet in unserer Gesellschaft. Nicht von der Politik und auch nicht von der Masse der Bevölkerung. Denn auch hier lässt sich ohne weiteres eine Verbindung zu unserem Alltagsverhalten herstellen.

Wenn die EU vor afrikanischen Küsten die Meere leer fischt und Polizeikräfte finanziert und ausbildet, die absichern, dass afrikanische Fischer dort nicht mehr fischen können – was ist das? Entwicklungshilfe?

Das ist Krieg.

Ein afrikanischer Fischer hat im traditionellen Wirtschaftssystem der westafrikanischen Region weitere 25 Menschen ernährt. Mit der EU-Fischerei bricht also die Existenzgrundlage ganzer Gemeinschaften komplett weg. Dort wird übrigens gefischt, weil wir diesen geraubten Fisch kaufen und danach essen – oder auch wegschmeißen. Weil wir ihn empathielos konsumieren (13).

Und dann kommen wir – mit Konzepten von Transformation und mit Entwicklungshilfe. Willkommen in der Welt der Doppelmoral.

Als junger, betroffener Afrikaner hätte ich da eine ganz andere Idee: Ich käme hier her – mit all meinen eigenen Traumata und Vorurteilen – und partizipierte ein wenig vom Raubbau in meiner ursprünglichen Heimat. Das können wir begrüßen oder ablehnen, Konflikte sind damit vorprogrammiert und brechen in unserem Land auch schon aus. Nur, wo ist die allgemein diskutierte Erkenntnis, dass das Problem ein Hausgemachtes ist?

Wir finanzieren unsere elektromobile Umwelt – ganz und gar nicht umweltfreundlich – mit den Ressourcen aus Drittstaaten, denen wir diesen faulen Handel mit den dazu notwendigen Destabilisierungen verkaufen. Schließlich bedarf es korrupter Regierungen und Behörden in Afrika, um diesen amoralischen Deal durchzudrücken.

Deshalb bringt westliche Politik Menschen mit starken opportunistischen und korrupten Neigungen in afrikanischen Staaten an die Macht, um dort ein Gleichgewicht an Instabilität herzustellen. Und dann spreizen wir uns ob der dortigen resultierenden Konflikte mit schwülstigen Worten über angeblich „im Chaos versinkende Staaten“ oder ein entstehendes „Machtvakuum“. Das ist der Zynismus der Täter.

Denn eines ist klar: Ohne die Destabilisierung wäre der faule Handel unmöglich und damit auch das Geschäftskonzept, welches wir hier in Europa leben. Und deshalb ist in Afrika allerorten Krieg.

Nur so nebenbei: Vor dem Krieg gegen Libyen – sie wissen schon, das Libyen von wo jetzt so viele Flüchtlinge über das Mittelmeer nach Europa zu kommen versuchen – waren eine ganze Reihe europäischer Banken in großer Not (14,15).

Nach dem Raubzug – denn es war eben kein Bürgerkrieg, was damals in Libyen geschah – hatten sie sich voll- oder teil-„saniert“. Sie hatten sich über 50 Milliarden Euro libyschen Vermögens unter den Nagel gerissen (16). Dieser Krieg rettete übrigens auch mehreren tausend Bankangestellten ihre Arbeitsplätze.

Wie wir erkennen können: Krieg sichert keineswegs nur der Rüstungsindustrie Arbeitsplätze.

Damit ist die Verbindung gegeben: Ein Geschäftsmodell – unser Wirtschaftssystem, seine notwendige Umsetzung – „zur Not“ mit Krieg, die Destabilisierung von Gesellschaften – all das in der breiten Masse der Bevölkerung hierzulande oberflächlich als „Flüchtlingsproblem“ erkannt und nicht zuletzt, die damit verbundene Umweltkatastrophe: Sie verursachen und befeuern kriegerische Konflikte weltweit.

Das Geschäftsmodell, dass wir kollektiv leben und innerhalb dessen es uns vergleichbar gut geht, ist ohne Zweifel ein Kriegstreiber.

Aber nicht Modelle führen Krieg, sondern Menschen. Das Modell hat keine Verantwortung für Krieg und Verwüstung. Verantwortung lässt sich nur bei jenen und durch jene selbst festmachen, die die Regeln des Modells befolgen – das gilt auch für unsere Gesellschaft.

Eine intakte Umwelt bedarf einer friedlichen Welt. Doch eine friedliche Welt kann nicht über das durch uns praktizierte Geschäftsmodell dauerhaft umgesetzt werden.

Eine friedliche Welt bedarf vor allem eines anderen Bewusstseins, eines das achtsam zu den Menschen und der Umwelt hier wie anderswo ist.

Machen wir uns also Gedanken um das auch von uns praktizierte Geschäftsmodell, nämlich unser kollektiv gelebtes Wirtschaftssystem, dass sich durch Wachstum und Konsum nährt. Machen wir uns Gedanken um die damit verbundenen Wertemuster.

Bringen wir uns im Großen ein, dort wo wir es können und handeln umgehend im Kleinen, wo der Reichtum an Möglichkeiten geradezu überbordend ist. Haben wir außerdem den Mut, uns darüber mit anderen Menschen auszutauschen.

Leben wir auf diese Weise einen Frieden des Alltags als Beitrag für einen visionären Frieden auf unserem Planeten.

Vielen Dank.


Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Der vorliegende Text beinhaltet das Skript einer Rede, vom Autor gehalten am 1. September 2019 in Dresden (am Neustädter Markt), im Rahmen einer Veranstaltung, die anlässlich des Weltfriedenstages durch das Bündnis Aufstehen Dresden – in Zusammenarbeit mit der Friedensinitiative Dresden und Unterstützung der Mahnwache für Frieden Dresden – organisiert wurde.

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die Quellen, mit denen Aussagen im aktuellen Text belegt werden. Letzte Aktualisierung (formale Korrekturen): 2.9.2019.

(1) Andreas Tobler; 11.6.2015; https://www.zeit.de/2015/24/das-kongo-tribunal-milo-rau/komplettansicht

(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Cobalt#F%C3%B6rderung; entnommen: 22.8.2019

(3) Elisabeth Weith, Kai Küstner; 21.12.2018; https://www.deutschlandfunk.de/kobaltabbau-im-kongo-saubere-autos-dreckige-batterien.766.de.html?dram:article_id=436683

(4) Bartholomäus Grill; 17.3.2005; https://www.zeit.de/2005/12/Kongo

(5) 10.4.2009; https://www.spiegel.de/netzwelt/tech/rohstoffmangel-das-neue-gold-a-618346.html

(6) 9.9.2018; https://www.zdf.de/dokumentation/planet-e/planet-e-der-wahre-preis-der-elektroautos-100.html

(7) Tom Wilson, Thomas Bisheuvel; 27.10.2017; https://www.welt.de/newsticker/bloomberg/article170099743/Manischer-Wettlauf-um-Lithium-laeuft-von-Kongo-bis-Cornwall.html

(8) Roland Brockmann; 17.2.2016; https://www.welt.de/politik/ausland/article152347129/Mit-deutscher-Hilfe-weg-vom-Bluthandy.html

(9) Horand Knaup; 2.2.2013; https://www.spiegel.de/politik/ausland/gold-platin-und-diamanten-im-kongo-tobt-ein-krieg-um-bodenschaetze-a-879317.html

(10) Jan Philipp Bornebusch; 22.7.2011; https://www.spektrum.de/news/die-rechnung-geht-auf/1117051

(11) https://de.wikipedia.org/wiki/Uranbergbau_im_Niger; abgerufen: 30.8.2019

(12) http://www.tramway.at/strasbourg/; abgerufen: 30.8.2019

(13) Tobias Schwab, 8.12.2013;  http://www.fr-online.de/politik/eu-handelspolitik-in-afrika-geraubter-fisch–zerstoerter-markt,1472596,25559866.html

(14) 3.6.2011; https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/libysche-anlage-bei-societe-generale-franzoesische-bank-verzockte-gaddafi-milliarde-a-766364.html

(15) Giulia Paravicini; 12.12.2018; https://www.welt.de/politik/ausland/article173487966/Verschwundenes-Geld-Wer-schoepft-die-Zinsen-von-Gaddafis-Milliarden-ab.html

(16) 1.3.2011; https://www.tagesschau.de/ausland/libyen510.html; abgerufen: 30.8.2019

(Titelbild) 22.5.2018; Logo der Mahnwache für Frieden Dresden; Quelle: https://www.facebook.com/mahnwachedd/photos/a.125053877903748.1073741827.125043001238169/400868486988951/?type=3&theater; Lizenz: Creative Commons CC0

Von Ped

9 Gedanken zu „Der Neokolonialismus und der Frieden“
  1. Die 50 Milliarden waren also vorher außerhalb Libyien? Und diese haben die dann eingefroren? Welche Banken haben denn davon profitiert? Das hätte ich gerne genauer gewusst.

    Man o man.. was für Verbrecher ist der Westen eigentlich? Mit 50 Milliarden hätte man Lbyien ernähren können. Wenn aber in Berlin bestimmte Clans eine Bank ausrauben, dann bekommt das jeder mit. Aber wenn der Westen in Libyien 50 Milliarden klaut, dann nennt man das „einfrieren“ und außerdem bekommt es keiner mit.

    Herr Frey, ich fand diesen Artikel sehr gut.

    Grüße

  2. Hallo Ped,
    Dein Artikel enthält unzählige gute Gedanken von denen jeder für sich ein eigenes Buch füllen könnte.
    Ich möchte hier nur eine These , die mir aufgefallen ist ,kurz herausgreifen und meinerseits ein Paar Gedanken dazu beitragen:

    „Wirtschaftlich verantwortungsvolles Handeln beginnt beim Konsumenten, beim Endverbraucher. Er bestimmt durch seine Kaufentscheidungen auf lange Sicht, was produziert oder auch nicht mehr produziert wird.“

    Diese These ist verseucht. Sie wird von den Profiteuren des Systems immer und immer wieder in die Welt gesetzt um dem einzelnen zu suggerieren das er doch letztlich die Macht hätte zu entscheiden, die Macht die Welt zu verändern. Das ist trügerisch, denn das haben wir im allgemeinen nicht, solange wir -in Mehrzahl – keine wirklich (im Geiste) freien Wesen sind . Und das sollen wir auch nicht sein oder werden , denn das würde bedeuten dass die Mauer zwischen Herrschaft und Knechtschaft fällt ! Dazu tragen Parolen und Wortschöpfungen wie diese bei, sie legen Zeugnis ab. Wichtig ist in diesem Zusammenhang nur dass wir den Glauben haben frei zu sein, nur dieser kann das Streben nach Freiheit wirksam einhegen.

    Marcuse sagte dazu sehr treffend:

    Der erste Schritt zur Befreiung ist das Bewusstsein der Knechtschaft ! –

    Konsumenten ,
    insoweit sie sich lediglich als solche verstehen , können – der Begriff trägt es bereits in sich – nur eines : Konsumieren
    Was Verbraucher – in diesem Sinne verstanden – können ist offensichtlich.

    Verantwortungsvoll handeln kann jedoch nur der Mensch , im Bewusstsein seines fundamentalen wertgefüllten Menschenbildes . Dieser , voller Würde, würde sich niemals auf einen Teilaspekt seiner selbst , einen Konsumenten, reduzieren lassen.
    Das ist jedoch schwierig in einer Welt voller Götzenverehrung…….
    Götzendienst und Freiheitheit sind notwendigerweise nicht miteinander vereinbar.

    Wie schwer und nahezu unmöglich dieser nicht endende Freiheitskampf tatsächlich war und ist bezeugen schon die ältesten schriftlichen Testamente.
    Es ist jedoch in erster Linie ein Kampf im Inneren , in uns selbst.

    Und es geht um viel, um sehr viel, um nicht zu sagen…..es geht um Alles.

    Dazu leistet der Artikel einen kleinen aber wertvollen Beitrag.

    Danke
    Mit freundlichen Grüßen
    Anachichst

    1. Da Ihr Nickname „Anarchist“ lautet, können Sie sicher gut verstehen, wenn ich für mich keinen Anspruch auf Macht hege, außer den über meiner selbst. Das lässt sich auch als (Selbst-)Verantwortung, als Autonomie begreifen. Und eben dazu möchte ich auch andere Menschen ermutigen.
      Noch dazu: Wenn ich keinen Machtanspruch hege, gehe ich auch auf den Weg, Macht nicht zu akzeptieren. Auf diesem Wege verliere ich auch – ganz im Sinne der Dialektik – das Selbstverständnis, ein Knecht zu sein.

      Herzlich, Ped

  3. Danke, @Ped – die kollektiven Geschäftsmodell-Praktiken unserer Tage finden sich selten in der hier ausagierten analytischen und kenntnisreichen Eingängigkeit dargestellt !

    Wer hinzuschauen bereit ist auf die hier überaus treffend und mit ganz bemerkenswert weitem Blick zusammengestellten Bedingungsgefüge unseres „kollektiv gelebten Wirtschaftssystems“, der stößt, wie Du zurecht am Ende herausstellst, auf reiche individuelle Aktionsfelder, sich da auszuklinken und sein Denken und Agieren zu weiten… Und Du verweist zurecht darauf, dass da auch „im Großen“ nicht weniges und vielleicht das zuletzt Entscheidende in unsere Agenda gehört…
    .
    Natürlich lassen Menschen sich relativ leicht immer wieder in Götzendienste verwickeln, @Anarchist. Sie können das aber irgendwann begreifen, nicht zuletzt über so eingängige Darstellungen wie die von Ped hier, und erspüren lernen, ob sie dergleichen wirklich oder nicht deutlich anderes wollen…
    .
    Nur wer sich für diese Bedingungsgefüge einen Blick erarbeitet hat, wird sehen lernen, dass aller konsumkritische Austausch erst einmal noch nicht mehr erzeugt als die unverzichtbaren Nadelstiche ins Gewohnte, die wir aber Tag für Tag brauchen, um bis heute Ungewohntes neu (und z.T. auch wieder) zu denken und auf den Weg zu bringen !
    Am HInweis auf die Wirksamkeit eines Verhaltens, das sich kollektiv gelebtem Verhalten zu entziehen beginnt, ist in meinen Augen nichts Verseuchtes. Missbrauchsmöglichkeiten existieren immer. Natürlich liegt hier nur ein Teil der Verantwortlichkeiten, aber doch wohl der, auf dem, solange er nur groß genug gehalten werden kann, die aktuell dominierenden Entscheidungsträger fußen oder aber sich anders aufstellen müssen…
    .
    Die noch im Bau befindlichen Neuaufstellungs-Ansätze, die mir dazu vorschweben, finden sich hier: https://diskursplanb.home.blog/10-3/
    Vielleicht hat ja jemand bessere Ideen oder etwas zu korrigieren. Sollte mich freuen !

  4. Ich fand dieser Artikel gut gelungen und hielt ihn für gut geeignet, ihn einem mir nahestehenden jungen Menschen zur Lektüre zu empfehlen. Dieser hat den Artikel sehr sorgfältig gelesen und wir hatten einen entspannten Gedankenaustausch dazu. Mit Zustimmung meines Gesprächspartners gebe ich hier seine Kerngedanken wieder, so wie ich sie verstanden habe.

    Mein Gesprächspartner kann dem Grundtenor des Artikels zustimmen, ist froh den Artikel gelesen zu haben und würde gerne auch künftig ab und an solche Artikel lesen. Mein Gesprächspartner kannte viele in dem Artikel aufgearbeiteten Fakten vorher nicht und weiß zu schätzen, was er mit Hilfe des Artikels gelernt hat. Mein Gesprächspartner hat aber auch einige gewichtige Kritikpunkte, die mir vorher so nicht aufgefallen waren.

    Der Hauptkritikpunkt meines Gesprächspartners ist, dass der Artikel zwar im Vergleich zu den allermeisten Artikeln in den Massenmedien vorbildlich mit Quellen belegt ist, dass aber dennoch mindestens ein Drittel der Aussagen nicht durch Quellen belegt ist bzw. teilweise auch im Widerspruch zu den aufgeführten Quellen steht (konkrete Textstellen kann ich bei Bedarf gerne nachliefern). Mein Gesprächspartner kritisiert weiter, dass der Autor eine Tendenz hat, beklagenswerte Zustände nochmals zu dramatisieren, wodurch sein Artikel eher an Glaubwürdigkeit verliert.

    Ich finde es wichtig, sich ein Bild davon zu machen, wo junge Menschen gedanklich stehen, wenn sie auf einen Artikel wie diesen stoßen. Mit diesem Bild im Kopf, kann man sich besser vorstellen, wie ein solcher Artikel bei jungen Menschen aufgenommen und welche Wirkung damit erzielt wird. Daher geben ich im Folgenden mit Einverständnis meines Gesprächspartners einen Einblick in seine Gedankenwelt.

    Mein Gesprächspartner ist in der bestehenden Weltordnung groß geworden. Er hält sie für grundsätzlich tauglich. Natürlich sieht er, dass da und dort Dinge nicht in Ordnung sind. Er hält diese einzelnen Defizite aber für prinzipiell behebbar, ohne dass dafür gleich das ganze System in Frage gestellt werden müsste. Er denkt in Lösungsansätzen innerhalb des Systems. Umweltprobleme hält er beispielsweise durch marktwirtschaftliche Anreizsysteme und neue Technologien für lösbar. Er wäre aber auch für ein Wachstumsmoratorium, bis wir die Umweltprobleme so weit im Griff haben. Er ist durchaus der Meinung, dass der Kapitalismus sozial und vom Ressourcenverbrauch her eingepfercht werden sollte. Er ist für ein Verbot von Inlandsflügen und auch für eine CO2-Steuer, die weh tut…

    Mein Gesprächspartner hält auch das im Artikel beleuchtete Problem der Ausbeutung des Globalen Südens für innerhalb des Systems lösbar. Seiner Meinung nach müssten wir lediglich davon ablassen, die Rohstoffe mit den geschilderten unfairen Mitteln aus den geschundenen Ländern herauszupressen. Stattdessen müssten wir anfangen, den Menschen dort beim Aufbau geeigneter Strukturen zu helfen, so dass diese ihre Rohstoffe anschließend selbst ausbeuten und uns zu auskömmlichen Preisen verkaufen könnten. Er kann sich so etwas wie ein erweitertes Trans-Fair-Label für Rohstoffe und Produkte aller Art vorstellen. Die damit verbundenen Mehrkosten würden wir im Westen schon tragen können. So ähnlich stellt sich mein Gesprächspartner auch die Lösung für unser Problem mit unserem Niedriglohnsektor und den prekären Beschäftigungsverhältnissen vor. Wenn wir die Jobs, die nur wenig Qualifikation voraussetzen besser bezahlen würden, wäre seiner Meinung nach auch dieses Problem vom Tisch.

    1. Der Hauptkritikpunkt meines Gesprächspartners ist, dass der Artikel zwar im Vergleich zu den allermeisten Artikeln in den Massenmedien vorbildlich mit Quellen belegt ist, dass aber dennoch mindestens ein Drittel der Aussagen nicht durch Quellen belegt ist bzw. teilweise auch im Widerspruch zu den aufgeführten Quellen steht (konkrete Textstellen kann ich bei Bedarf gerne nachliefern).

      Ja, bitte.

      1. In einem Jahrzehnt verdreifachte sich der Abbau von Cobalt in diesem Land (2), denn es wird benötigt in Smartphones, Notebooks und – Elektroautos, respektive Elektrorollern (3). Im gleichen Zeitraum starben dort hunderttausende Menschen in Folge nicht enden wollenden militärischen Auseinandersetzungen.

        In (3) steht, dass die meisten Menschen in den Gegenden flüchten, in denen kein Kobalt abgebaut wird.

        Die Zahl der durch kriegerische Handlungen und ihre Begleiterscheinungen seit Anfang der 1990-er Jahre ums Leben gekommenen Kongolesen liegt irgendwo zwischen sieben und zwanzig Millionen Menschen – genau weiß man es nicht. Nur zum Vergleich: Der Erste Weltkrieg brachte es auf fünfzehn Millionen Opfer (4).

        In (4) steht, dass seit 1996 3,8 Mio. Menschen ums Leben gekommen sind.

        Der Zweck einer CO2-Steuer liegt in der Finanzierung neuer Investitionen – Investitionen die sich in allererster Linie rentieren, die profitabel sein sollen.

        Quelle zu der Aussage, wofür die Steuereinnahmen verwendet werden sollen?

        Wenn die EU vor afrikanischen Küsten die Meere leer fischt und Polizeikräfte finanziert und ausbildet, die absichern, dass afrikanische Fischer dort nicht mehr fischen können – was ist das? Entwicklungshilfe?

        Quelle zu der Aussage, dass die EU Polizeikräfte für diese Aufgabe finanziert?

        Ein afrikanischer Fischer hat im traditionellen Wirtschaftssystem der westafrikanischen Region weitere 25 Menschen ernährt.

        Quelle zu der Aussage, dass ein Fischer weitere 25 Menschen ernährt?

        Nach dem Raubzug – denn es war eben kein Bürgerkrieg, was damals in Libyen geschah – hatten sie sich voll- oder teil-»saniert«. Sie hatten sich über 50 Milliarden Euro libyschen Vermögens unter den Nagel gerissen (16).

        In (16) steht, dass das Vermögen eingefroren wurde, also hat es sich laut der angegebenen Quelle keiner unter den Nagel gerissen.

        1. Schritt für Schritt und so wie ich Zeit habe, erweitere ich meine Antwort:

          In einem Jahrzehnt verdreifachte sich der Abbau von Cobalt in diesem Land (2), denn es wird benötigt in Smartphones, Notebooks und – Elektroautos, respektive Elektrorollern (3). Im gleichen Zeitraum starben dort hunderttausende Menschen in Folge nicht enden wollenden militärischen Auseinandersetzungen.
          In (3) steht, dass die meisten Menschen in den Gegenden flüchten, in denen kein Kobalt abgebaut wird.

          Der Bezug gilt „diesem Land“ (siehe Hervorhebung). Aber unabhängig davon ist mir nicht klar, was es an der Grundaussage ändert. Der gesamte Kongo ist mehr oder weniger instabil und durch und durch von Korruption geprägt. Das ist kein Naturphänomen von Schwarzafrikanern sondern hat mit den Bodenschätzen des Landes zu tun. Ich habe nirgends eine Aussage gefällt, dass Menschen nur in Gegenden flüchten würden, wo Kobalt abgebaut wird. Der Kongo ist voll von wertvollen Rohstoffen, die durch ausländische Konzerne in der jetzigen Situation konkurrenzlos billig „bezogen“ werden können. Eine starke Zentralgewalt mit funktionierender Bürokratie würde dem Treiben der Selbstvermarktung durch Warlords und der damit verbundenen Rechtsfreiheit und Gewalt ein Ende setzen können.

          Mein Gesprächspartner kritisiert weiter, dass der Autor eine Tendenz hat, beklagenswerte Zustände nochmals zu dramatisieren, wodurch sein Artikel eher an Glaubwürdigkeit verliert.

          Wenn der Gesprächspartner den Text intensiv und ohne eine „innere Tendenz“, also ohne Voreingenommenheit studiert hat, dann sollte ihm auch aufgefallen sein, dass es sich hier um das Skript einer Rede zum Weltfriedenstag handelt – vorgetragen an einem Sonntag, auf einer Veranstaltung unter freiem Himmel, auf einem belebten, verkehrsreichen Platz. So wie die Menschen heutzutage mit dem Thema Krieg und Frieden umgehen, halte ich es für mehr als geboten, an einem solchen Tag und auf so einem Platz auch angemessen mit „dramaturgischen“ Mitteln zu arbeiten, um Menschen wenigstens kurz innehalten zu lassen. Eine trockene, per se nicht mögliche emotionsfreie Analyse war also auch nicht beabsichtigt, weil nicht sinnvoll. Die Informationen stehen – gut sichtbar – als Erstes im Anhang des Textes (Quellen und Anmerkungen).

          Die Zahl der durch kriegerische Handlungen und ihre Begleiterscheinungen seit Anfang der 1990-er Jahre ums Leben gekommenen Kongolesen liegt irgendwo zwischen sieben und zwanzig Millionen Menschen – genau weiß man es nicht. Nur zum Vergleich: Der Erste Weltkrieg brachte es auf fünfzehn Millionen Opfer (4).“
          In (4) steht, dass seit 1996 3,8 Mio. Menschen ums Leben gekommen sind.

          Ja, und? Die von mir beigefügte Quelle bezieht sich auf einen Bericht des International Rescue Committee und sie datiert aus dem Jahre 2005 (!). Dieser Quelle zufolge sind allein damals, in neun Jahren 3,8 Millionen Todesopfer zu beklagen gewesen. Die bewaffneten Konflikte im Kongo begannen aber nicht erst 1996 und sie endeten auch nicht im Jahre 2005. Um zu verstehen, was sich im Kongo – und nicht nur dort – abspielt, mag diese kleine Weihnachtsgeschichte (keine Ironie) vielleicht noch ein wenig mehr Erhellung bieten.

          Auch wenn ich Hinweise wie oben gern annehme, um die Qualität der Artikel hoch zu halten, meine ich doch, dass es eine gute Idee ist, wenn man selbst in die Recherche geht. Das ist ein Teil autonomen, selbstbestimmten Handelns.

          Kommentar wird – wie gesagt, wenn Zeit ist – fortgeführt.

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