Fortsetzung der Kampfhandlungen im syrischen Idlib


Am 24. Januar hat die Syrische Arabische Armee (SAA) ihre Offensive in der nordwestlich gelegenen Provinz Idlib wieder aufgenommen. Der knapp zwei Wochen zuvor durch Vermittlung Russlands und in Absprache mit der Türkei ausgerufene Waffenstillstand, wurde seitens der Dschihadisten in Idlib vom ersten Tag an gebrochen.


Daher wurde auch Tage zuvor die Bombardierung der Dschihadisten-Stellungen – also nicht ziviler Objekte – von der russischen und syrischen Luftwaffe wieder aufgenommen. Syrien informiert kontinuierlich den UN-Sicherheitsrat wie auch das Generalsekretariat der Vereinten Nationen über die Lage in Idlib. So auch diesmal, und wie gewohnt, erfährt der Medienkonsument nichts davon – dafür aber die übliche Leier über eine „humanitäre Katastrophe“. Es ist die Leier der Täter, der Sanktionisten und Terroristen-Supporter – jener, die seit neun Jahren für eine tatsächliche humanitäre Katastrophe in Syrien sorgen.

Nachfolgend der nun dritte Brief, der seit Jahresbeginn im Auftrag der Syrischen Regierung an die Vereinten Nationen übermittelt wurde.


Im Auftrag meiner Regierung und in Fortsetzung unserer früheren Schreiben bezüglich nachweislicher Verbrechen bewaffneter terroristischer Gruppen, möchte ich ihre Aufmerksamkeit ein weiteres Mal auf das Folgende lenken.

Wann immer die Syrische Arabische Armee Fortschritte gegen terroristische Gruppen irgendwo in der Syrischen Arabischen Republik erzielt, starten jene Staaten, die den Terrorismus unterstützen unweigerlich eine fieberhafte Propagandakampagne, die darauf abzielt die Aufmerksamkeit vom Terrorismus, der Aggression und Okkupation, der das Land ausgesetzt ist, abzulenken.

Diese Aktivitäten jener Staaten bestätigen, dass sie niemals ein wirkliches Interesse daran hatten, das Leben von Zivilisten zu schützen. Im Gegenteil liegt deren primäre Sorge darin, ihre Investitionen in den Terrorismus zu schützen, in welchen sie Dutzende Milliarden Dollars gesteckt haben. In diesem Zusammenhang möchte die Syrische Arabische Republik an das der Zivilbevölkerung durch die Aktivitäten der bewaffneten terroristischen Gruppen –  die in den vergangenen neun Jahren, wo immer sie operierten, Tod und Zerstörung gesät haben – zugefügte Leid erinnern.

Jene haben Zivilisten als menschliche Schutzschilde benutzt, Krankenhäuser und Schulen zweckentfremdet, in dem sie diese in Militärstützpunkte umwandelten sowie Wohngebiete wahllosem Granaten- und Raketenbeschuss aussetzten. Deren Verbrechen gehen unvermindert weiter. Bewaffnete, in der Provinz Aleppo und anderswo konzentrierte, terroristische Gruppen, haben in letzter Zeit ihre Attacken auf dicht besiedelte und bislang sichere Viertel Aleppos verstärkt, in dem sie diese mit Granaten und Raketen beschossen, wobei sie Dutzende von Zivilisten – vor allem Frauen und Kinder – töteten und verwundeten.

Um gegen diese Verbrechen vorgehen zu können und als Teil ihrer entschlossenen Bemühungen das Leben unschuldiger, in den Terroristengebieten festgehaltener Zivilisten zu schützen, hat die Syrische Arabische Republik eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass einerseits humanitäre Hilfe diese erreicht und andererseits ihr sicheres und ungehindertes Verlassen aus diesen Gebieten zu garantieren.

Allerdings wurden diese Maßnahmen von bewaffneten Gruppen in der Umgebung Aleppos und der Stadt Idlib mit Terrorismus beantwortet. Auf Weisung ihrer Befehlshaber setzen sie ihre Angriffe auf Zivilisten fort. Sie verweigern den Zivilisten das Verlassen [der Gebiete] und halten sie weiter als Geiseln, um sie als menschliche Schutzschilde zu benutzen. Sie haben Personen beschossen, die sich entschlossen, in Richtung Abu al-Duhur, Habit und Hadir über humanitäre Korridore zu fliehen, welche die Arabische Republik Syrien eingerichtet hatte, um den Übertritt der Zivilisten zu ermöglichen.

Die Regierung der Syrischen Arabischen Republik wird keine Mühen scheuen, um Zivilisten zu retten und sie aus den von Terroristen gehaltenen Gebieten herauszuholen. Ihre militärischen Operationen und Attacken in den Terroristengebieten zielen auf die Quellen der Beschüsse und erfolgen in Reaktion auf wiederholten, kriminellen Angriffe auf unschuldige Zivilisten durch terroristische Banden. 

Die Regierung der Arabischen Republik Syrien wird auch weiterhin alles tun, um ihre verfassungsmäßige und gesetzliche Pflicht zu erfüllen, den Terrorismus zu bekämpfen und die Syrer von der Geißel und den Machenschaften der bewaffneten terroristischen Gruppen zu befreien. Dies wird sie auch weiterhin im Einklang mit den Prinzipien internationalen Rechts und den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates zur Bekämpfung des Terrorismus tun, so wie jeder andere Staat, der ernsthaft seiner Unabhängigkeit und Souveränität innerhalb der Vereinten Nationen verpflichtet ist.

Ich wäre dankbar, wenn das vorliegende Schreiben als Dokument des Sicherheitsrates ausgegeben und verbreitet wird.

Unterschrift Baschhar al-Dschaafari

Ständiger Botschafter [Syriens bei den Vereinten Nationen]


Abschließend ein paar, ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit gehaltene Informationen zur derzeitigen Lage im Syrien.

Zum wiederholten Male wurde eine syrische Öl-Pipeline nahe der Hafenstadt Banyas im seichten Wasser der Mittelmeerküste durch Sprengsätze stark beschädigt. Das korreliert mit dem Ölembargo, dem Syrien seitens der westlichen Wertegemeinschaft – unter Federführung der USA – seit Jahren unterworfen ist (2).

Die am 24. Januar wieder aufgenommene Offensive der Syrischen Arabischen Armee (SAA) in Idlib war direkte Folge eines mehrstufigen Angriffes Hunderter Islamisten auf Stellungen der SAA, was große Verluste zur Folge hatte. Russische Quellen berichten von über 40 toten und 80 verletzten syrischen Soldaten (3). Für jene die der westlichen Propaganda vertrauen, dass der Krieg in Idlib gegen die Zivilbevölkerung gerichtet ist, kann das zum Nachdenken Anlass geben.

Im Rahmen der Offensive hat die syrische Armeeführung am 29. Januar bekanntgegeben, dass die zweitgrößte Stadt in der Provinz Idlib, Maarat al-Numan, sowie über ein Dutzend weiterer Ortschaften von den islamistischen Extremisten befreit worden ist (4). Die ARD-Tagesschau hält sich bislang noch zurück, aber andere große Massenmedien geben – wie von ihnen gewohnt – gern Reuters-Meldungen weiter, welche diese Offensive als Terror gegen die Zivilbevölkerung verkaufen (5).

Nichts erfährt der Konsument davon, dass zuvor ganz gezielt humanitäre Korridore von den „Rebellen“ angegriffen worden waren und hier berechnet eine politisch ausnutzbare Situation herbeigeführt wird, welche Zivilisten zwingt, einen Fluchtweg in Richtung türkischer Grenze zu nehmen (6,7). Siehe dazu auch obiger Brief der Syrischen Regierung an die UN-Behörden.

Es mehren sich die Anzeichen, dass eine weitere Operation unter falscher Flagge (False Flag) vorbereitet wird, um die Offensive der SAA abzuwürgen. Mit türkischer Unterstützung und einmal mehr unter Einbindung der Weißhelme plant man einen Chemiewaffenangriff, den man Syrien in die Schuhe schieben möchte. Die False Flags sollen in genau jenen Gebieten stattfinden, in denen die Herrschaft der al-Qaida-Milizen – vorneweg HTS – am meisten gefährdet ist. Das ist einerseits das Gebiet westlich von Aleppo und zum Anderen der Südosten Idlibs. Syrien hat die Vereinten Nationen von diesen Plänen in Kenntnis gesetzt (8).

Durch den raschen Vorstoß der SAA im Süden der Provinz ist die Gefahr für eine solche Aktion dort wohl gebannt. Aber im Westen Aleppos, wo die türkische Grenze näher und die Präsenz der Milizen, türkischer Militärs und diverser Geheimdienste mit Sicherheit größer ist, muss die Gefahr eines False Flag auch weiterhin als realistisch angesehen werden.

Syrien hat ein riesiges Devisenproblem. Da es mittels der westlichen Sanktionen vom internationalen Finanzmarkt im Raum des US-Dollars und des Euros abgekoppelt wurde, gibt es eine stetige spekulative Abwertung des Syrischen Pfunds gegenüber diesen Währungen. Weil in Syrien zugelassene Devisenhandelsunternehmen in diese Spekulationen offenbar verwickelt sind, hat die Syrische Zentralbank angeordnet, 14 von diesen bis zum 30. April des Jahres zu schließen und außerdem deren Nutzen für die syrische Wirtschaft neu zu bewerten (9).

Der Kurs des Syrischen Pfund zum US-Dollar ist seit Beginn des Krieges von 50:1 auf 1.200:1 abgestürzt. Das ist allerdings der Schwarzmarktkurs, der von der Zentralbank ausgegebene Kurs liegt bei 443:1. Der Verdacht steht, dass eine Reihe privater Geschäftemacher innerhalb der Devisenhandelsunternehmen einen Schnitt mit diesem Kursunterschied machen und auf diese Weise der syrischen Wirtschaft zusätzlichen Schaden hinzufügen, so sie doch der Zentralbank die dringend notwendigen Devisen unterschlagen (10).

Die Syrische Regierung hat nun drakonische Maßnahmen gegen illegale Währungsgeschäfte beschlossen, um dies und die Etablierung einer Schattenwährung (US-Dollar) in der syrischen Binnenwirtschaft zu unterbinden (11,12). Verschärfend hat auf die Finanzkrise Syriens die Bankenkrise im benachbarten Libanon beigetragen. Dort haben die Banken die Ausgabe von Banknoten extrem reduziert. Der Libanon war einer der wenigen Quellen, über den Syrien noch einen eingeschränkten Zugriff auf westliche Devisen hatte. Der Wirtschaftskrieg gegen Syrien schließt einen Finanzkrieg ein und er zeigt, wie abhängig Syrien nach wie vor vom US-Dollar-System ist (13).

Seit dem 30. September 2015 sind über 1,3 Millionen syrische Inlandsflüchtlinge und 767.000 Flüchtlinge aus dem Ausland in ihre syrische Heimat zurückgekehrt. In Deutschland gibt es mindestens 170.000 zur Rückkehr bereite Syrer, die lediglich auf die Möglichkeit zur Ausreise warten (14).

Bitte bleiben Sie schön aufmerksam.


Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Übersetzung des Briefes an die Vereinten Nationen durch Peds Ansichten

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden. Letzte Bearbeitung: 2. Februar 2020.

(1) Briefe Syriens an den UN-Sicherheitsrat und den UN-Generalsekretär; 20.01.2020; https://undocs.org/S/2020/49

(2) 27.01.2020; https://southfront.org/syrias-offshore-oil-pipeline-came-under-attack-amid-fierce-clashes-in-idlib/

(3) 24.01.2020; https://southfront.org/dozens-of-syrian-army-troops-reportedly-killed-wounded-in-idlib-whats-going-on/

(4) 29.01.2020; https://www.sana.sy/en/?p=183697

(5) 29.01.2020; https://www.sueddeutsche.de/politik/syrien-tausende-fluechten-richtung-tuerkei-1.4776054

(6) 29.01.2020; https://www.almasdarnews.com/article/turkey-vows-to-respond-if-syrian-army-endangers-their-military-posts-in-idlib/

(7) 20.01.2020; Hazem Saggabh; https://www.sana.sy/en/?p=183029

(8) 27.01.2020; https://www.sana.sy/en/?p=183539

(9) 21.01.2020; Hazem Sabbagh; https://www.sana.sy/en/?p=183108

(10,13) 19.01.2020; https://www.n-tv.de/wirtschaft/Syriens-Regierung-bestraft-Devisennutzung-article21518315.html

(11) 20.01.2020; https://www.sana.sy/en/?p=183024

(12) 18.01.2020; https://sana.sy/en/?p=182908

(14) 29.01.2020; http://syria.mil.ru/peacemaking_en/info/news/more.htm?id=12273058@egNews

(Titelbild) Bildschirmausschnitt; Briefe Syriens an den UN-Sicherheitsrat und den UN-Generalsekretär; 20.01.2020; https://undocs.org/S/2020/49

Von Ped

Ein Gedanke zu „Syrische Briefe an die Vereinten Nationen (3)“
  1. Ist da bei Quelle (5) was schiefgegangen?
    https://www.sueddeutsche.de/politik/im-regenwald-verirrt-rettung-nach-ueber-einem-monat-1.4776118

    Da geht es um eine Rettung einer Frau und ihrer drei Kinder, nach dem diese sich im Regenwald verirrt hat.

    Das korreliert nicht mit den Inhalten im Artikel. Zumindest nicht aus meiner Sicht.


    Danke für den Hinweis! Die Seite mit dem Video-Kanal von der SZ ist dynamisch und da habe ich nicht aufgepasst. Der Fehler ist jetzt korrigiert.
    Herzlich, Ped

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