Die Türkei fördert nach wie vor den Terrorismus in Syrien.


Syriens Botschafter Baschhar al-Dschaafari hat am 7. Januar 2020 im Auftrag der syrischen Regierung zwei gleichlautende Briefe übergeben (1), Einen an den Generalsekretär der Vereinten Nationen und den Zweiten an den Präsidenten des UN-Sicherheitsrates. Mit den Schreiben protestiert Syrien gegen die Souveränitätsverletzungen seines Landes durch die Türkei und prangert die nach wie vor geleistete Unterstützung der Terroristen von al-Nusra und Co. durch türkische Behörden an.


Die Übersetzung des Textes an dieser Stelle möchte darauf aufmerksam machen, dass in unseren Leitmedien niemals die einfache Tatsache festgehalten wird, dass die Türkei gegen ihren südlichen Nachbarn Krieg führt (a2) und sich dabei islamistischer Terroristen bedient. Das staatsterroristische Handeln der türkischen Führung wird von den Mitgliedern der selbsternannten Wertegemeinschaft nicht nur geduldet, sondern auch unterstützt. Dabei spielen die Leitmedien mit ihrer Propaganda gegen Syrien – insbesondere der unermüdlichen Verbreitung der Mär von einem dort stattfindenden „Bürgerkrieg“ – eine entscheidende Rolle. Denn so bleibt der Masse der Bevölkerung hierzulande nach wie vor verborgen, an welchem Völkerrechtsbruch ihre Regierung und auch ihre Armee – Stichwort „Counter Daesh“ – mitwirkt. Im Folgenden der Wortlaut des Briefes.


Im Auftrag meiner Regierung und desweiteren in Fortsetzung unserer vorherigen Schreiben bezüglich der andauernden Verletzungen und Angriffe gegen die Souveränität und territoriale Integrität der Syrischen Arabischen Republik durch die türkische Regierung, der fortwährenden Verletzungen der Prinzipien internationalen Rechts und dem Geist der Charta der Vereinten Nationen, sowie ihrer offenen Unterstützung des Terrorismus, was eine Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit darstellt und in Reaktion auf den Brief des ständigen Vertreters der Türkei bei den Vereinten Nationen (S/2019/958 (2)), bin ich gezwungen, ihre Aufmerksamkeit auf Folgendes zu lenken:

Die türkische Regierung, welche den Terrorismus in meinem Land Syrien und anderen Staaten der Region fördert, fährt fort, Lügen zu verbreiten, um damit ihre militärischen Attacken gegen die Syrische Arabische Republik zu rechtfertigen. Sie missbraucht dafür Artikel der Charta der Vereinten Nationen, insbesondere Artikel 51, welcher in keiner Weise für militärische Operationen gegen Syrien auslegbar ist. Bis zum heutigen Tag okkupiert dieses Regime Teile des Territoriums der Syrischen Arabischen Republik. Es fördert und finanziert den Terrorismus und Trainingsmaßnahmen und hat Zehntausenden von ausländischen terroristischen Kämpfern aus mehr als 100 Staaten die Einreise nach Syrien ermöglicht (das bezieht sich auf die Daten des UN-Team, welches die Umsetzung von UN-Sicherheitsrats-Resolution 2253 aus dem Jahre 2015 (3) überwacht).

Diese Regierung ist fortlaufend in den Diebstahl und die Plünderung des syrischen Erdöls, sowie von Antquitäten und Betrieben verwickelt. Jetzt, und vor den Augen der internationalen Gemeinschaft, transferiert es syrische und ausländische terroristische Kämpfer von Idlib über die Türkei nach Libyen, mit der Perspektive einer Eskalation und der Untergrabung der Stabilität in diesem brüderlich verbundenen Land.

Die Syrische Arabische Republik betont, dass die nationale Souveränität keines Landes auf Kosten des Angriffs gegen die Souveränität eines anderen Landes erfolgen kann. Keiner der benutzten Vorwände kann etwas an der Tatsache ändern, dass die Verletzungen der syrischen Souveränität durch das türkische Regime einer Aggression, Invasion, Besetzung gleichkommen. Dies nimmt den Sicherheitsrat in die Pflicht, in seiner Verantwortung zur Unterstützung des internationalen Friedens und der Sicherheit, den Aggressor aufzuhalten und zu zwingen, seine Kräfte hinter die international anerkannten Grenzen zurückzuziehen.

Der Rat muss den Handlungen, der vom türkischen Regime unterstützten, auf dem Syrischen Territorium operierenden Terroristen ein Ende setzen, eingedenk der Tatsache einer Okkupation, mit der Schaffung demografischer und sozialer Veränderungen vor Ort, durch die die expansionistische Agenda des herrschenden Regimes in Ankara gegenüber der Syrischen Arabischen Republik offenkundig wird.

Mein Land Syrien weist die in den Briefen des Repräsentanten des terroristischen Erdogan-Regimes aufgeführten Lügen zurück (S/2019/958). Es betont, dass die mit dem türkischen Regime in Astana und Sotschi geschlossenen Deeskalationsvereinbarungen nicht auf bewaffnete, terroristische Gruppen, so wie sie im Sicherheitsrat gelistet sind, erweiterbar ist, allen voran die al-Nusra-Front, auch bekannt als Befreiungsfront der Levante, oder anderen Gruppen, die mit al-Nusra verbunden sind. Diese Deeskalationsvereinbarungen waren dazu gedacht, mit den speziellen militärischen Situationen vor Ort umzugehen, in Richtung einer Förderung von Stabilität und der Eliminierung der als solche [auch vom Sicherheitsrat] betrachteten terroristischen Gruppen.

Jene Vereinbarungen waren sowohl zeitlich als auch auf bestimmte Ziele beschränkt. Die meisten dieser Ziele wurden nicht erreicht, insbesondere in und um Idlib, da das türkische Regime bislang den gegenüber den russischen und iranischen Garantiemächten eingegangenen Verpflichtungen nicht nachkam. Dieses Regime setzt [statt dessen] seine Unterstützung fort und steuert die Aktivitäten der al-Nusra-Front, welche sich in der fortlaufenden Koordination und Führung diverser terroristischer Aktivitäten in und um Idlib äußert und hat Idlib in eine Startrampe für Gewaltakte gegenüber Syrern in nahegelegenen Städten und Gemeinden verwandelt, insbesondere Aleppo, Hama und Ladhiqiyah.

Was im Brief des türkischen Regimes zum Genfer Prozess geschrieben steht, ist lediglich ein weiterer Beweis dafür, dass das derzeitige Regime in der Türkei jenseits der internationalen Legitimität handelt. Es versteht oder begreift noch immer nicht, dass der Generalsekretär einen Sondergesandten beauftragt hat, um einen syrisch geführten und verantworteten Prozess zu moderieren. Frei von äußeren Einflüssen, insbesondere frei von dem einer feindlichen Partei, deren Hände mit dem Blut der Syrer befleckt sind, da sie den Terrorismus, die militärische Aggression gegen die Syrische Arabische Republik und die Besetzung von Teilen des Syrischen Territoriums unterstützt.

Die Regierung der Syrischen Arabischen Republik betont, dass sie es nicht tolerieren wird, dass das feindselige türkische Regime die Deeskalationsvereinbarungen ausnutzt, um seine Okkupation zu konsolidieren und die Souveränität, Unabhängigkeit und territioriale Integrität und Einheit der Syrischen Arabischen Republik anzugreifen.

Die syrische Regierung wird weiterhin ihre nationalen und verfassungsmäßigen Pflichten zur Verteidigung der Sicherheit und Stabilität des Landes erfüllen, indem sie alle Erscheinungsformen des Terrorismus, wo immer er auch auftritt, beseitigt, sich der ausländischen militärischen Besatzung stellt und diese Besatzung im Einklang mit international anerkannten Mitteln, den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen und den Grundsätzen des Völkerrechts beendet.

Schließlich betonen wir, dass es höchste Zeit ist, dass die internationale Gemeinschaft gegen die Gräueltaten des türkischen Regimes an der Arabischen Republik Syrien und mehreren anderen Staaten der Region einschreitet, die eine Fortsetzung der früher vom osmanischen Sultanat begangenen Gräueltaten darstellen. Was der Präsident dieses terroristischen, besetzenden und aggressiven Regimes tut, stellt zudem eine direkte Bedrohung für den internationalen Frieden und die Sicherheit und Stabilität in der Region und der Welt dar. Er muss für sein rücksichtsloses und aggressives Verhalten zur Rechenschaft gezogen werden.

Ich wäre dankbar, wenn das vorliegende Schreiben als Dokument des Sicherheitsrates ausgegeben wird.

Unterschrift Baschhar al-Dschaafari

Ständiger Botschafter [Syriens bei den Vereinten Nationen]


Unschwer lässt sich erkennen, wie dünnhäutig Syriens Regierung inzwischen ob der permanenten Angriffe auf das Land reagiert, wissend, dass die Vereinten Nationen darin verwickelt sind. Wir dürfen nicht vergessen, dass eine Mehrheit westlicher Staaten, mit Unterstützung von Staaten wie der Türkei, Kuweit, Saudi-Arabien und Katar, unter dem Schirm der Vereinten Nationen, Terroristen von al-Qaida in und um Syrien decken, sponsoren und steuern! Entsprechend ist die Vereinbarung einer neuerlichen Waffenruhe für Idlib durch Syrien sicher nur unter dem sanften, aber kontinuierlichen Druck des russischen Partners angenommen worden und wird wohl kaum mehr als temporär wirksam sein (4). Vor allem wird die Syrische Arabische Armee nun versuchen, sicherzustellen, dass durch Schaffung einer Pufferzone westlich der Millionenstadt Aleppo, den ständigen Attacken mit Raketen und Mörsern seitens der „Rebellen“ endlich ein Riegel vorgeschoben wird.

Baschhhar al-Dschaafari steht seit Anbeginn des Krieges in vorderster diplomatischer Front, um auf diesem schwierigen Terrain die Existenz und Einheit seines Landes zu verteidigen, beziehungsweise wiederherzustellen. Gerade er hat jedes Recht, insbesondere gegenüber dem türkischen Nachbarn, unmissverständlich auf die Völkerrechtsbrüche und die Täter hinzuweisen.

Bitte bleiben Sie auch weiterhin schön aufmerksam.


Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden.

(a1) Original in arabischer Sprache; dem Wortlaut verpflichtete, trotzdem eher sinngemäße Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch Peds Ansichten

(a2) Wenn Leitmedien und Politik die Türkei wegen deren Krieges gegen die Kurden kritisieren, ist das eine unzulässige Verkürzung. Versperrt sie doch den Menschen die Sicht darauf, dass es sich um einen Krieg gegen das Land Syrien handelt – also nicht nur die Kurden und auch keinesfalls nur gegen die syrische Regierung.

(1) 07.01.2020; https://undocs.org/S/2020/7

(2) 19.12.2019; https://undocs.org/en/S/2019/958

(3) 17.12.2015; https://undocs.org/en/S/RES/2253%20(2015)

(4) 13.01.2020; https://flutterbareer.wordpress.com/2020/01/13/waffenruhe-in-libyen-und-syrien-beschlossen/

(b1) Briefe an die UNO, Syrien; Bildschirmausschnitt; 07.01.2020; https://undocs.org/S/2020/7

(Titelbild) Syrien, Flagge, Nationalflagge; Autor: chickenonline (Pixabay); 20.1.2016; https://pixabay.com/de/illustrations/syrien-nationalflagge-naher-osten-1151151/; Lizenz: Pixabay License

Von Ped

6 Gedanken zu „Syrische Briefe an die Vereinten Nationen“
  1. Hallo Ped,
    ich habe in den sogenannten sozialen Medien deine Seite verlinkt und hoffe so das Deine Seite noch mehr Verbreitung findet.
    Die „Sozialen Medien“ müssen nicht gemocht werden, es kann ihnen nicht abgesprochen werden eine große Verbreitung zu haben. Von daher, kannst du nicht den Button zu den Medien mit unter deine Ansichten einfügen, so ist es noch leichter Verbreitung zu generieren.

    1. Hallo Peter,
      das ist sehr nett von Ihnen, aber: So Sie mit „Sozialen Medien“ Facebook und Co. meinen, habe ich die entsprechenden Funktionen (Plugins) nach reiflicher Überlegung bewusst entfernt. Dabei bin ich mir im Klaren, dass dies auch auf Kosten der Reichweite dieser Seite geht. Dem stehen drei Dinge entgegen: Die Server der „Sozialen Medien“ greifen massenweise Daten ab und speisen damit Datenbanken und Algorithmen, die so ihre eigenen Dinge mit den Daten treiben und Teil einer sich in Entwicklung befindenden Überwachungsgesellschaft sind. Die Folge dieses Absaugens von Daten ist außerdem eine starke Beeinträchtigung der Zugriffsgeschwindigkeiten auf der Webseite für die Nutzer und ich bin nicht geneigt, einen teureren Hosting-Vertrag abzuschließen, um das zu Kompensieren. Und schließlich hatten mich Leser – ich finde zurecht – bereits darauf aufmerksam gemacht, dass eine aktive oder passive Stützung dieser Internet-Konzerne, sich mit den Anliegen von Peds Ansichten beißt.
      Sollte ich Ihr Anliegen jedoch falsch verstanden haben, dann lassen Sie es mich wissen.
      Beste Grüße, Ped

      1. Ich vermute einmal das die Kenntnis wie Daten abgegriffen werden ziemlich Diffus sind. Das abgreifen geht schon wenn jemand auf dieser Seite ist und zuvor bei Twitter und dergleichen war.
        Ich habe jetzt die Seite PED zum lesen angeboten und somit ist auch hier ein Zugriff. Alleine der Zugriff aus einem Windowsrechner reicht aus. Die AGB bei Windows sind 220 Seiten lang und benutzt werden kann es erst wenn allem zugestimmt wurde.
        Das allerdings ist mit egal dem ist nicht zu entkommen, selbst wenn IXQuick oder Signal benutzt wird. Mir ging es um die Verbreitung, ich habe kein Geld zum Spenden und dachte das ich so was positives beitragen kann. ich muss es aber nicht verlinken. Im übrigen macht der Windowsdreck den Rechner langsam. Dennoch muss nicht jeder der „Soziale Medien“ eine unsoziale Sichtweise haben.
        Ich lasse es.


        Alles gut und kein Grund frustriert zu sein. Sie haben eine andere Sicht und Ihr Bestreben, den Blog zu unterstützen schätze ich und ich bedanke mich dafür.
        VG, Ped

        1. Ich bin durchaus nicht frustriert, gleich gar nicht wen so etwas. Wie kommen sie darauf das ich Frustriert sei, weil ich eine andere Sicht als sie habe?

  2. Hallo Ped,
    wieder ein sehr interessanter Artikel mit Übersetzung einer wichtigen Primärquelle. Damit bekommt das „Gerücht“, daß die syrischen Freiheitskämpfer zu tripolitanischen Freiheitskämpfern umgeflaggt werden, endlich eine echte Bestätigung. Mir ist das türkische Spiel dort unten nicht ganz klar, ich denke, es geht den Türken um Landnahme, ich hoffe, daß Rußland dies verhindern wird. Ich habe einen syrischen Kollegen, der hat mir erzählt, daß vor 2011 zwischen Syrien und der Türkei gute Beziehungen geherrscht haben. Auf militärischem Gebiet durfte die türkische Armee bis zu 30 km tief in syrisches Hoheitsgebiet eindringen. Eine Vergrößerung der Türkei auf Kosten von Syrien wird auch der Iran nicht zulassen.

    Es wird sehr spannend werden, welche Geschichten uns erzählt werden, sollte Trump sein Versprechen wahr machen und den Irak räumen…

    1. Danke Nordost,
      es geht letztlich doch – sehr vereinfacht ausgedrückt – in von Macht getriebenen Systemen immer um das Gleiche: Erstens Ökonomie, also den Zugriff auf Ressourcen und Ideologie, mit der man den Machtanspruch rechtfertigen kann.
      Die Türkei ist ganz scharf auf Gas- und Ölressourcen vor Libyen und sie hat eine jahrzehntelange ideologische Affinität zur Muslimbruderschaft. Letztere hat schließlich auch tatsächlich die „Farbrevolutionen“ in Libyen und Syrien vor Ort losgetreten.
      Und ab 2011 ging der Söldnertransfer schon einmal in die Gegenrichtung – auch mit dem Transit über die Türkei (bzw. Jordanien). Da kamen die Halsabschneider aus Libyen nach Syrien. Die Muslimbruderschaft ist eine kreuzgefährliche Fünfte Kolonne in vielen arabischen Staaten.
      Herzlich, Ped

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