Was so lustig klingt, ist das traurige Prinzip gestaltender Politik in Deutschland.


Es ist wieder einmal Zeit für ein wenig Satire: An dieser Stelle möchte Sie Peds Ansichten umfassend und vielfältig über das politische Geschehen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland informieren. Um nicht zu viel Arbeit zu investieren, habe ich mich des Qualitätssenders – des Vorreiters ehrlicher, journalistischer Berichterstattung schlechthin -, nämlich der ARD-Tagesschau, als Quelle bedient und einfach eins zu eins deren 30 Top-Nachrichten der Sparte Inland in diese Seite geklatscht.


Zeitstempel der Entnahme ist der 8. Februar 2020, 18:30 Uhr. Die neueste Nachricht steht ganz oben, die Älteste entsprechend am Ende. Seien Sie mitgenommen auf eine spannende Reise voll neuer Erkenntnisse und Denkanstöße.

Fühlen Sie sich mit dieser auf Sie nun einprasselnden Fülle an Informationen gut informiert – oder gut unterhalten – oder geleimt. Nach dem Studium des Ganzen können wir ja noch ein wenig Auswertung betreiben (1):


1) 08.02.2020 18:12 Uhr

Thüringen
Der Weg zu Neuwahlen

Der FDP-Politiker Kemmerich ist vom Amt des thüringischen Ministerpräsidenten zurückgetreten. Der Ruf nach Neuwahlen tönt nun noch lauter. Was ist dafür notwendig? Von Frank Bräutigam und Kolja Schwartz. | mehr


2) 08.02.2020 16:07 Uhr

AfD-Landesvorstand
Weidel tritt in Baden-Württemberg an

Jetzt ist es offiziell: Alice Weidel will Landesvorsitzende der AfD in Baden-Württemberg werden. Gegen sie tritt Dirk Spaniel an, der dem radikalen „Flügel“ nahesteht. Von Martin Schmidt. | mehr


3) 08.02.2020 15:56 Uhr

Orkantief im Anflug
Vorbereiten auf „Sabine“

In weniger als 24 Stunden erreicht Orkantief Sabine Deutschland. Besonders betroffen werden der Norden und der Westen des Landes sein. Die Bahn rät von Reisen ab, Flüge könnten ausfallen – und ebenso die Schule. | mehr


4) 08.02.2020 15:13 Uhr

Regierungskrise in Thüringen
Kemmerich tritt als Ministerpräsident zurück

Am Mittwoch gewählt, am Donnerstag den Rücktritt angekündigt – und diesen nun vollzogen: Thüringens FDP-Ministerpräsident Kemmerich tritt mit sofortiger Wirkung zurück. Die Spitzen der Großen Koalition fordern nun rasche Neuwahlen. | mehr


5) 08.02.2020 11:07 Uhr

Nach Kemmerich-Glückwunsch
Ostbeauftragter Hirte gibt Amt auf

Offenbar auf Druck von Kanzlerin Merkel ist der Ostbeauftragte der Bundesregierung zurückgetreten. Hirte hatte die Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen begrüßt und den neuen Amtsinhaber als Kandidat der Mitte gelobt. | mehr


6) 08.02.2020 10:07 Uhr

Anwohnerparken
Nah parken – viel zahlen?

Radfahrer sollen in Städten mehr Raum bekommen – die Länder wollen auch deshalb das Anwohnerparken verteuern können. Statt bisher maximal 30,70 Euro könnten bis zu 240 Euro fällig werden. Davor warnt nun Minister Scheuer. | mehr


7) 07.02.2020 21:34 Uhr

Sturmtief „Sabine“
Bahn rät von Fahrten ab Sonntag ab

Aufgrund der aktuellen Warnungen des Deutschen Wetterdienstes vor Sturmtief „Sabine“ hat die Deutsche Bahn von Reisen zwischen Sonntag und Dienstag abgeraten. Kunden können ihre Tickets stornieren oder umtauschen. | mehr


8) 08.02.2020 11:30 Uhr

CDU-Kritik an Werteunion
„AfD-Hilfstruppe“ oder „Basisbewegung“?

Die Krise in Thüringen hat tiefe Gräben innerhalb der CDU aufgezeigt: In der Partei werden Rufe lauter, die sogenannte Werteunion aufzulösen. Die konservative Gruppe wehrt sich. Der Ton ist scharf. Auf beiden Seiten. | mehr


9) 08.02.2020 13:04 Uhr

Koalitionsausschuss
Krisentreffen wegen Thüringen-Eklat

Die SPD spricht von einem beschädigten Vertrauensverhältnis in der Großen Koalition, deshalb sitzt in diesen Minuten der Koalitionsausschuss wieder einmal zusammen. Nach dem Eklat von Thüringen wird sich vor allem die CDU-Chefin Fragen stellen müssen. | mehr


10) 08.02.2020 04:52 Uhr

Koalitionsausschuss zu Thüringen
Die SPD hat Gesprächsbedarf

Welche Konsequenzen müssen nach dem Thüringen-Debakel gezogen werden? Darüber berät heute der Koalitionsausschuss. Die SPD fordert von der CDU eine klare Abgrenzung zur AfD – und fordert auch personelle Konsequenzen. Von Lothar Lenz. | mehr


11) 07.02.2020 19:44 Uhr

Thüringen-Krise
Ramelow gegen sofortige Neuwahlen

Der abgewählte Thüringer Ministerpräsident Ramelow hat in einem Exklusiv-Interview mit dem MDR gesagt, dass er Neuwahlen ablehnt. Er wolle sich schnell wieder einer Ministerpräsidentenwahl stellen. | mdr


12) 07.02.2020 19:24 Uhr

Krise in Thüringen
Aufräumarbeiten bei CDU und FDP

Während es in Thüringen vor allem um die Ministerpräsidentenfrage geht, versuchen die Spitzen von CDU und FDP in Berlin Autorität und Ansehen zu retten. Offen ist, ob ihnen das gelingt. Von Kai Küstner. | mehr


13) 07.02.2020 17:32 Uhr

Mikroroboter in der Medizin
Mit Ultraschallantrieb durch den Körper

Mikroroboter sollen in Zukunft Medikamente im Körper genau dort hinbringen, wo sie gebraucht werden. Wissenschaftler aus Stuttgart haben nun besonders schnelle Exemplare entwickelt. | swr


14) 07.02.2020 15:22 Uhr

Thüringen-Krise
Was darf die Bundesspitze vorschreiben?

Die Krise in Thüringen ist auch ein Machtkampf zwischen der CDU-Bundeschefin und dem dortigen Landesverband. Mit welchen Drohungen könnte die Bundesspitze den Landesverband disziplinieren? Von Anita Fünffinger. | mehr


15) 07.02.2020 15:05 Uhr

Sondersitzung der FDP-Spitze
Lindner übersteht Vertrauensfrage

Lindner darf Parteichef bleiben: Der FDP-Politiker hat nach dem Eklat in Thüringen die Vertrauensfrage im Bundesvorstand überstanden. Allerdings gestand er Fehler ein. | mehr


16) Thomas Kemmerich im Porträt: Ministerpräsident aus Versehen | mdr, 07.02.2020 14:57 Uhr

17) CDU-Fraktion Thüringen: Mohring gibt Vorsitz im Mai auf , 07.02.2020 14:37 Uhr

18) CDU-Präsidium stärkt Kramp-Karrenbauer den Rücken , 07.02.2020 14:25 Uhr

19) Zählaktion: Mindestens 2000 Obdachlose in Berlin | rbb, 07.02.2020 11:53 Uhr

20) Landes-CDU setzt sich gegen Bundesvorsitzende durch , 07.02.2020 09:18 Uhr

21) Nach Wahlfiasko in Thüringen: Die FDP mit neuem Kurs , 07.02.2020 09:16 Uhr

22) Auflösung des Landtages: So könnte es Thüringen weitergehen | mdr, 07.02.2020 07:00 Uhr

23) CDU in Thüringen will vorerst keine Neuwahl , 07.02.2020 02:35 Uhr

24) DeutschlandTrend extra: Mehrheit befürwortet Kemmerichs Rückzug , 06.02.2020 21:44 Uhr

25) Grundrente: Spahn und Heil einigen sich bei Details , 06.02.2020 18:46 Uhr

26) DeutschlandTrend: Jeder Zweite findet Lebensmittel zu billig , 06.02.2020 18:00 Uhr

27) FDP und CDU nach Thüringen-Eklat: Ein Scherbenhaufen , 06.02.2020 17:41 Uhr

28) Kemmerichs Rücktritt – Fast nur Erleichterung in Berlin , 06.02.2020 17:19 Uhr

29) Streit um Ministerpräsidentenwahl: Rolle rückwärts in Erfurt | mdr, 06.02.2020 16:31 Uhr

30) FDP-Chef Lindner will in Parteivorstand Vertrauensfrage stellen , 06.02.2020 15:33 Uhr


Nun, liebe Leser, ist das nicht der Hammer? Die Fülle an behandelten Themen und die Tiefe mit der die vermittelten Nachrichten aufbereitet und analysiert wurden, nimmt einem beim ersten Reinschauen schier den Atem. Wo beginnen, wo aufhören?

Natürlich, eine gewisse Wichtung gibt es immer. Die Menschen sind oft geradezu fasziniert von einem bestimmten Aspekt unseres politischen Lebens, weil sie wissen, dass das zu gaaaanz großen gesellschaftlichen Veränderungen führen kann. Kann – muss aber nicht und passiert auch nicht. Mein geschulter Blick und die Anwendung ausgefeilter Analyse-Tools hat es mir schließlich ermöglicht, diese Wichtung zu erkennen und auch noch zu benennen. Sie können ja abgleichen, ob Sie auf das gleiche Ergebnis kommen und nebenbei herausfinden, ob Sie auch so ausgefuchst sind wie ich.

21 von 30 Nachrichten behandelten die skandalöse Wahl eines Ministerpräsidenten und seines damit unumgänglichen, umgehenden Rücktritts.

In meinem, respektabel groß gefassten Verwandten-, Bekannten-, Kollegen- und Freundeskreis war das ja auch seit Tagen Thema Nummer eins. Ständig ging es: „Haste schon gehört – dort in Thüringen?“ Antwort: „Ja, kam in der Tagesschau.“ Dabei rollte der Befragte immer etwas mit den Augen und wandte sich dann genervt ab. Das hat man davon, wenn man Tagesschau-Stammkunde ist. Der ARD Geld geben ist Pflicht, aber deren Programm aufzuschnüffeln, ist es deshalb noch lange nicht.

Aber das muss ja ein Erdbeben gewesen sein, dort in Thüringen. Steht eigentlich Erfurt noch? Sie haben es ja durch die Tagesschau erfahren: „Thüringen-Eklat“, „Scherbenhaufen“, „Vertrauensfrage“, „Wahlfiasko“, „Aufräumarbeiten“, „Krisentreffen“. Da sackt doch die Meldung über ein anziehendes Orkantief – mit zweimaliger Thematisierung im Nachrichtenblock stolzer Zweiter – glatt in Belanglosigkeit ab.

Nun ja, wenn es denn sooo schlimm war in Thüringen, dann sollten wir ja doch noch einmal kurz prüfen, ob hier nicht Gefahr im Verzug ist – für die Demokratie und so, unsere Werte und die Freiheit und das alles. Sie wissen schon.

Also, der Eklat besteht darin, dass am 5. Februar 2020 ein Ministerpräsident in Thüringen gewählt wurde – aber von den Falschen!

Ja, von den Falschen und mir möge bitte keiner erklären, dass es doch verfassungsmäßige Rechtsvorschriften des Bundes und des Landes Thüringen gibt, die entscheidend für eine Wahl zu sein haben. Die gibt es zwar, aber die sind eigentlich nur für das Kasperletheater da, doch nicht für die Realpolitik. Realpolitik ist nämlich Moralpolitik. Moralpolitik schließlich wird bestimmt von Jenen, die die Meinungsherrschaft innehaben. Dazu gehört Herr Kemmerer keinesfalls, er ist vielmehr dazu geeignet, Meinungsherrschaft zu stützen, was er überzeugend bewiesen hat. Wenn wir von Demokratie in Deutschland sprechen, dann müssen wir auch immer von Werten sprechen. Die Werte sind die Fassade, vor der wir uns gern zeigen dürfen. Deshalb nennt man diese Demokratie auch Fassadendemokratie.

Kurz noch mal zum Eklat, Skandal, Erdbeben, Scherbenhaufen. Das ist nämlich so gekommen: Nach Artikel 70 der Verfassung des Landes Thüringen:

(1) Die Landesregierung ist das oberste Organ der vollziehenden Gewalt.

(2) Sie besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern.

(3) Der Ministerpräsident wird vom Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder ohne Aussprache in geheimer Abstimmung gewählt. Erhält im ersten Wahlgang niemand diese Mehrheit, so findet ein neuer Wahlgang statt. Kommt die Wahl auch im zweiten Wahlgang nicht zustande, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält.

(4) Der Ministerpräsident ernennt und entläßt die Minister. Er bestimmt einen Minister zu seinem Stellvertreter. (2)

wurde der neue thüringische Mininsterpräsident im dritten Wahlgang mit der einfachen Mehrheit der Stimmen (siehe Absatz 3) in sein Amt gewählt. Hier das Ergebnis des Wahlprozederes, das aber – wir behandelten das schon – unerheblich ist. Sie wissen schon. Das ist rechtlich sauber, aber nicht moralisch. Wir sollten das langsam im Grundgesetz einführen, dann können wir uns den anderen Quark sparen.

Wahlgang 1  (erster Wert die erhaltenen Stimmen, nachfolgend der Kandidat)

43 Bodo Ramelow (relative, aber keine absolute Mehrheit)
25 Christoph Kindervater
22 Enthaltungen
0 Ungültige Stimmen
90 Abgegebene Stimmen

Wahlgang 2

44 Bodo Ramelow (relative, aber keine absolute Mehrheit)
22 Christoph Kindervater
24 Enthaltungen
0 Ungültige Stimmen
90 Abgegebene Stimmen

Wahlgang 3

44 Bodo Ramelow
0 Christoph Kindervater
45 Thomas L. Kemmerich (relative Mehrheit und damit gewählt)
1 Enthaltungen
0 Ungültige Stimmen
90 Abgegebene Stimmen

Herzlichen Glückwunsch, Herr Kemmerich!


Was sticht uns kristallklar ins Auge? Manche spielen das Spiel wohl bewusst, aber die meisten – das müssen wir leider annehmen – haben den Knall nicht gehört. Erst sind die „Guten“ sich zu fein, einem Bodo Ramelow das Amt des Ministerpräsidenten zu gewähren. Dann flennen uns genau die Gleichen die Taschen voll, weil die AfD-Parlamentarier ihre Stimmen einem „Freien Demokraten“ gegeben haben. Spätestens nach dem ersten Wahlgang hätte ja wohl der Groschen fallen können, der uns sagt, dass die Kindesmutter – äh, sorry, der Kindervater, keine Chance auf den gut dotierten Posten hatte. Das zeigt sehr schön, was das für ein pubertärer Haufen ist, welcher sich im Kampf um Posten und Pöstchen einen feuchten Kehricht um die tatsächlichen Aufgaben im Mandatsgebiet schert.

Kommen wir zum Buckeln, Dienern und zu Kreuze kriechen. Das ist sehr menschlich und hat damit zu tun, dass Politiker die Illusion nicht verlieren wollen, akzeptiert, geliebt, gar gebraucht zu werden. Sie wissen meist um die Illusion und träumen sich doch trotzdem durch das politische Tagwerk. Irgendeiner muss es ja tun.

Moralisch tiefgründig hat die ARD-Tagesschau in einer Fülle von Beiträgen Forderungen – als Teil moralisch getränkter Anforderungen für das fluffige Funktionieren einer Fassadendemokratie – für und an die Politiker aufgearbeitet und begründet. Einige der besonders wertvollen Schlussfolgerungen möchte ich Ihnen zur heiteren Erbauung nicht vorenthalten. Ausführlich wird der Vorzeigedemokrat und Sohn des ebenso vorzuzeigenden Vorzeigedemokraten Otto Graf Lambsdorff, nämlich Alexander Graf Lambsdorff – Adel verpflichtet und war schon immer ein Herz und eine Seele mit der Demokratie – von der Tagesschau immer wieder gern zitiert (3). Sein erstes Argument, dass so eine Wahl – siehe oben – gar nicht geht, schlägt gleich zentnerschwer zu und erübrigt doch jede weitere Diskussion, oder?

Es ist ungewöhnlich, dass eine Partei mit fünf Prozent den Ministerpräsidenten stellt. […] Es hätte diese Kandidatur nicht geben müssen.“ (4)

Sehen Sie es, liebe Leser? Der Skandal beginnt bereits damit, dass es diese Kandidatur nicht hätte geben müssen. Ist doch völlig logisch. Eine mit fünf Prozent der Wählerstimmen gewählte Partei hat kein richtiges Recht, aus ihren Reihen einen Ministerpräsidenten wählen zu lassen. Sie hat nur ein scheinbares Recht, das was in der thüringischen Verfassung verankert ist. Aber das gilt nur pro forma. Entscheidend ist die Moral – und zwar die Moral der Machthaber. Machthaber gibt es nicht nur im Kreml, ha, ha, ha (kleiner Scherz, Tschuldigung). Kemmerer war zwar demokratisch gewählt, doch das zählt nicht und er weiß das auch, deshalb hat er ganz schnell den Rücken krumm gemacht. Der Vorsitzende der Freien Demokraten – das ist jetzt kein Witz, die heißen wirklich so – ist natürlich auch nicht so frei, parlamentarische Demokratie an der frischen Luft in vollen Zügen zu genießen:

Eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit oder Abhängigkeit mit der AfD darf es für eine demokratische Partei in Deutschland nicht geben.“ (5)

Unter uns, er würde schon gern, der Lindner, seinesgleichen FDP-Chef, aber er darf nicht – wegen der Moral. Wir haben es ja nun ausführlich vertieft, was die Werte der wertewestlichen Demokratie so wertvoll macht. Moral hat immer etwas mit Empörung zu tun und sie zielt – dem geneigten, treuen Leser dieses Blogs ist es längst vertraut – immer auf Instinkte. Daher darf ein hochgestellter Politiker wie der Herr Lindner auch so eine Sülze erzählen, wie oben zitiert. Das ist doch Sülze – oder etwa nicht? Klären wir das doch gleich mal.

Clever ist natürlich, dass die AfD den Lindner nicht verklagen kann. Denn der hat ja nicht gesagt, dass die AfD KEINE demokratische Partei ist. Daraus entwickelt sich aber ein interessantes Paradoxon. Da auch die AfD sehr wohl eine demokratische Partei ist, ist sie nach der FDP-Oberleuchte trotzdem verpflichtet, sich selbst abzuschaffen. Denn zwar ist sie das, aber als demokratische Partei, darf sie nicht über ihre eigene Arbeit die Existenz begründen. Man muss ja die AfD nicht lieben, man muss sie auch nicht wählen. Aber man sollte sie nicht hassen, man darf sie respektieren. Weil in ihr eine ganze Menge Menschen wirken und viel mehr sie wählten – in einem demokratischen Prozess wählten.

Darum geht es aber beim derzeitigen Kasperletheater nicht. Die Politiker sind Puppen und gleichzeitig sind sie Puppenspieler – nämlich für die Bevölkerung. In diesem hässlichen Spiel wird fleißig weiter daran gewirkt, die AfD als Alternative alternativlos zu machen.

Es sei wichtig, dass sich „drei Parteien des demokratischen Spektrums auch nochmal darauf geeinigt haben, dass es unter gar keinen Umständen eine Zusammenarbeit mit der AfD geben kann“. Die FDP sei als weitere Partei des demokratischen Spektrums gut beraten, sich in dieser Frage auch einer Klärung zuzuwenden, so Esken [SPD-Vizevorsitzender].

Ansonsten droht Ausschluss aus den Reihen der „Guten“, gut gebrüllt, schrumpfender SPD-Löwe. Das „demokratische Spektrum“ hat übrigens HartzIV, die Kapitalisierung des Gesundheitswesens und der Altersvorsorge zu verantworten. Da geht es – falls es dem Einen oder Anderen noch nicht aufgefallen ist – um existenzielle Grundbedürfnisse. Die Guten haben auch die Privatisierung des bundeseigenen Tafelsilbers zu verantworten. Das „demokratische Spektrum“ hat die Kriege in Jugoslawien, Syrien und Afghanistan mitzuverantworten. Es hat das Prinzip nicht endenden Wirtschaftswachstums, mit allen bitteren Konsequenzen im Lande und anderswo getragen. Es hat die Auspressung europäischer Staaten nach dem Austeritätsprinzip zu verantworten. Es hat eine beispiellose Hochrüstung zu verantworten. Jetzt nun kümmert es sich um einen würdigen Nachfolger – und der nennt sich: Alternative für Deutschland.

All das, was die „Guten“ zu verantworten haben, liegt allerdings auch in einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung. Solange wir uns mit Karnevalsveranstaltungen wie der Charade um den thüringischen Ministerpräsidenten einwickeln lassen, bleiben die oben genannten Themen auch weiterhin außen vor.

Bitte bleiben Sie durchaus auch weiter schön aufmerksam.


Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden. Letzte Bearbeitung: 9. Februar 2020, 11:20 Uhr.

(1) https://www.tagesschau.de/inland/; entnommen: 08.02.2020, 18:30 Uhr

(2) http://landesrecht.thueringen.de/jportal/portal/t/9aa/page/bsthueprod.psml;jsessionid=8E9F5192F534FC8287B8EC802707147D.jp18?doc.hl=1&doc.id=jlr-VerfTHrahmen&documentnumber=1&numberofresults=128&doctyp=Norm&showdoccase=1&doc.part=X&paramfromHL=true#jlr-VerfTHpArt70; entnommen: 08.02.2020

(3) 07.02.2020; 09:16 Uhr; https://www.tagesschau.de/inland/fdp-thueringen-107.html

(4,5) 06.02.2020, 16:35 Uhr; https://www.tagesschau.de/inland/lindner-fdp-vertrauensfrage-101.html

(6) 08.02.2020; 21:33 Uhr; https://www.tagesschau.de/inland/kemmerich-ruecktritt-101.html

(Titelbild) hüringer Landtag (errichtet zwischen 1936 und 1937), in der Arnstädterstraße in Erfurt; TomKidd; 16.04.2007; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Th%C3%BCringerLandtag.jpg; Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported

Von Ped

Ein Gedanke zu „Demokratie als Narretei“
  1. Ich meine, man muss immer auch überlegen, was alles nicht in den Nachrichten kommt. Ich habe mir angewöhnt, mir gedanklich immer eine Liste der relevanten Themen zurechtzulegen und diese dann mit dem zu vergleichen, was in den Systemmedien an Themen durchs Dorf getrieben werden. Auf meiner Liste stehen Themen wie die völkerrechtswidrigen Kriegshandlungen des Wertewestens im nahen Osten, die vom Wertewesten vorangetriebenen Regimewechsel in Brasilien, Venezuela und Bolivien, die Verfolgung des Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald in Brasilien oder – ganz oben auf meiner Liste – die Menschenrechtsverletzungen im Fall des Gründers von Wikileaks Julian Assange im Vereinigten Königreich.

    Auch ohne an die große Weltverschwörung zu glauben, kann man auf die Idee kommen, einen Zusammenhang zwischen dem Schmierentheater im Thüringer Landtag und dem Fall Julian Assange zu vermuten.

    In Sachen Julian Assange regen sich gerade zaghafte Proteste in der Bevölkerung und auch in den Medien. Man muss sich nur die armseligen Vorstellungen der Regierungssprecher in der Bundespresskonferenz ansehen, um zu wissen, dass unsere Regierung die Hosen gestrichen voll hat, dieses himmelschreiende Unrecht international ansprechen zu müssen. Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn die Stimmung in der Bevölkerung so weit kippen würde, dass die Regierung die kritischen Fragen einiger mutiger Journalisten nicht mehr als außerhalb des Vernünftigen liegend abkanzeln könnte. Die Regierung müsste dann entweder offiziell zugeben, dass alles nur Fassade ist oder tatsächlich öffentlich gegen die USA und UK auftreten. Für unsere Regierung und die Kräfte hinter ihr steht also einiges auf dem Spiel!

    Da kommen diese abenteuerlichen Ereignisse im Thüringer Landtag doch gerade recht. Mit ihnen kann man, wie im Artikel schön herausgearbeitet, zwei Drittel der Topmeldungen füllen. Die Menschen regen sich auf, sind abgelenkt von allem, was wirklich relevant ist und fühlen sich auch noch gut informiert. Die Reporter haben billig und sicher ihre Schlagzeilen produziert und sammeln bei ihren Redaktionen Pluspunkte. Die paar Idealisten unter den Journalisten, die immer noch lieber über die relevanten Themen berichten möchten, haben stattdessen viel Arbeit, können die Ergebnisse ihrer Mühen aber nicht (so prominent) veröffentlichen und sammeln zumindest keine Pluspunkte bei ihren Redaktionen.

    Ich würde nicht so weit gehen, an eine Vollinszenierung im Thüringer Landtag zu glauben. Aber man hätte diesen Schlaumeier von der FDP – den Namen muss man sich sicher nicht merken – auch einfach mal ein paar Tage machen lassen können und in Ruhe zusehen, wie er sich selbst demontiert, derweil er versucht aus der selbstgestellten Falle wieder herauszukommen. Dabei hätte auch die AfD eine schöne Gelegenheit gehabt, sich ein Stück weit selbst zu entzaubern.

    Ob das Polittheater, was aktuell in Berlin in dieser Sache aufgeführt wird, frei von solchen Überlegungen zur Aufmerksamkeitslenkung ist, da wäre ich mir schon nicht mehr so sicher. Wie gesagt, man riecht förmlich, dass die die Hosen gestrichen voll haben wegen Julian Assange!

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