Hat die NSU etwas mit Julian Assange zu tun?


Eine vor Jahrzehnten gewissermaßen mit dem Personal der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) aufgestellte Behörde hat sich in jüngerer Zeit intensiv mit dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) befasst. So innig, dass es möglicherweise schwer fällt, die Einen von den Anderen klar zu unterscheiden. Stellen wir uns vor, das Treiben dieser und anderer Behörden unterminiert die Verfassung, statt sie zu schützen. Ist das legal – und das Aufdecken desselben dann illegal?


Man mag es mit Recht als steile These ansehen, wenn ich den Inlandsgeheimdienst der Bundesrepublik Deutschland in die Tradition des nationalsozialistischen Deutschlands einordne. Einer seiner Vorgänger nannte sich Organisation Gehlen und Gehlen war unter Adolf Hitler ein ganz strammer Nazi gewesen. Gehlens „Heldentat“ unter dem „GröFaZ“ (a1) bestand in der Feststellung, in einer Stabsbesprechung bei Hitler offen von der Lage an der Ostfront berichtet zu haben – na, immerhin (1).

Aber das war doch ein Auslandsgeheimdienst, der Vorgänger des Bundesnachrichtendienstes (BND), welcher da unter dem Wehrmachtgeneral Gehlen firmierte, werden so einige – und das ganz zu Recht – argumentieren. Nur, sind die Dinge nicht so einfach, denn der BND übernahm in seinen Anfangsjahren die Aufgaben des Inlandsgeheimdienstes – des heutigen Verfassungsschutzes. Keck spionierte er mit seinen Schlapphüten – unter ihnen reichlich ehemalige Stützen des Dritten Reiches – seine eigenen Bürger aus, und dass Mandat dafür hatte er von unserem großen Partner, jenem westlich des Großen Teiches erhalten. Denn die USA waren es, welche diesen Geheimdienst installierten und mit einer erklecklich großen Riege kleiner wie größerer nationalsozialistischer Würdenträger besetzten (2,3).

Den Verfassungsschutz (VS) gab es natürlich trotzdem auch damals schon und auch er war eine tolle Spielwiese für eine zweite Karriere von Altnazis (4).

Das ist insofern des Überdenkens wert, weil doch ausgerechnet diese Geheimdienste dazu auserkoren wurden, den Kampf gegen „Rechts“ im Geheimen, im Untergrund, im quasi Nationalsozialistischen Untergrund zu führen. Vielleicht ja auch einen ganz anderen Kampf, vielleicht auch nicht einmal im Auftrag politischer Eliten im eigenen Land. Spekulieren ist erlaubt, denn die Wahrheit wird uns vorenthalten. Sie wissen ja, dass es uns nicht zugemutet werden kann, die Wahrheit zu erfahren, wie tief der Verfassungsschutz im Sumpf eines Tiefen Staates steckt.

Wenn dem nicht so ist und es auch den Tiefen Staat nicht gibt – warum bitte dürfen wir dann nicht erfahren, wie ein Trio sogenannter rechtsextremer Gewalttäter jahrelang unerkannt Menschen ermorden konnte. Wurde ihnen die Hand geführt? Wurde vielleicht nur ihre Identität benutzt?

Damit kommen wir zu Julian Assange und Chelsea Manning. Projizieren wir die Beiden in brave Bundesbürger. Der Eine arbeitet in der Aktenabteilung des hessischen VS – oder wie immer das dort auch heißen mag – und der andere ist bereit Dinge zu veröffentlichen, welche die Bevölkerung interessieren darf. Einer hat Zugang zum Giftschrank, der verrät wie die Macht das Recht und die Gesetze missbraucht, um eigene Verbrechen ungesehen zu machen. Der Schlüssel zum Giftschrank ist das Angebot und der eigene Mut die Voraussetzung, die Dinge ans Tageslicht zu bringen.

Unser Archivar traut sich und ein kleines aber durchaus reichweitenstarkes Medienunternehmen – besser die Menschen mit Verantwortung in diesem – trauen sich ebenfalls und die Geschichte wird offengelegt. In ihr stellt sich heraus – sicher, alles reine Spekulation meinerseits – dass das mordende Trio gedeckt wurde. Dass man Ermittlungsunterlagen zu wegweisenden Spuren verwischte, Zeugen beseitigte, korrumpierte und intrigierte, das Rechtssystems aushebelte, möglicherweise im Auftrag fremder Mächte und gegen die Interessen des eigenen Landes handelte. Infolge dessen ist eine ganze Reihe von Schlapphüten und derer Vorgesetzter ein Fall für die Justiz und in banger Erwartung langer Haftstrafen.

Aber das wäre natürlich nicht in Ordnung nicht wahr?


Der Archivar bekommt deshalb für Geheimnisverrat – so wie sich das in einem demokratischen Rechtsstaat gehört – lebenslänglich, und das unter verschärften Haftbedingungen. Der verantwortliche Leiter der Medienanstalt – bestraft für das, was Naivlinge möglicherweise unter journalistischer Ausübung von Verantwortung verstehen – geht für nicht absitzbare 175 Jahre hinter Gitter, natürlich auch unter verschärften Haftbedingungen. Ein Gericht stellt dann fest, dass Ersterer die Sicherheit des Landes gefährdete, der andere ebenso, und dieser Andere zudem überhaupt kein Journalist ist.

„Nebenbei“ werden die interessierten Konsumenten lang und breit darüber informiert, dass beide Verbrecher (!) auch moralisch in keiner Weise wertewestlichen Normen genügten.  Das übernehmen moralisierende Politiker und vor allem Medienleute, die sich zwar gern in der Rolle von Journalisten sehen, es aber nicht sind. So muss das sein in einem demokratischen Rechtsstaat.

Die von mir in den Raum gestellten fiktiven Delinquenten haben mit ihren Veröffentlichungen ja V-Leute, Polizisten und Politiker gefährdet – wenigstens deren Karrieren. Da sind 175 Jahre das Mindeste und mit Journalismus hat das – zumindest nach fassadendemokratischem Rechtsverständnis – rein gar nichts zu tun. Ja, mehr noch: Der Autor des Blogs Peds Ansichten hat mit seinem Beispiel die Öffentlichkeit animiert, unser gutes wertewestliches Superrecht in Frage zu stellen, ja gar zu verletzen. Mit dem bösartigen Kratzen am Lack der Fassadendemokratie betreibt er außerdem Desinformation und verbreitet Verschwörungstheorien.

Wenn ein Blogger so verwerflich handelt, in dem er den Finger auf wunde Punkte legt, dann ist das natürlich auch kein Journalismus. Außerdem bildet seine Betrachtung des Geschehens nicht die vorgegebene Mitte im Meinungsfenster – im sogenannten Overton-Fenster (5) – ab. Gilt doch die Regel: Macht darf alles und Ohnmacht darf nichts.


Sie sehen das anders? Sie denken, nur unmündige wie mutlose Menschen können so etwas hinnehmen?

Was kann uns auffallen?

Das System der repräsentativen Demokratie funktioniert deshalb so prächtig, weil es Menschen in allen Schichten der Machtpyramide bequeme Möglichkeiten verschafft, verantwortungslos zu handeln. Verantwortungsloses Handeln bedeutet, keine Macht mehr über das eigene Tun zu besitzen. Die Selbstbestimmtheit wird auf alles reduziert, was einen gewissen Rahmen an Bequemlichkeit sichert und die Konfrontation mit Ängsten vermeidet. Das ist sehr menschlich und deshalb verständlich. Wir alle mögen es sicher und bequem und alles was darüber hinaus geht – so lernen wir – ist gefährlich.

Da ist die Perspektive nicht gerade blendend, wenn ein „kleiner Archivar“ bereit ist, aus tiefster Überzeugung und Menschenliebe Missstände aufzudecken, welche den inneren wie äußeren Frieden der Gesellschaften und ihrer Menschen gefährden. Solch mutige Menschen können nicht mit der Unterstützung einer großen Mehrheit rechnen, welche dann auch ein Beschützen beinhalten würde. Die Frage stellt sich, ob nicht oft die Bequemlichkeit noch vor der Angst es ist, welche mutigen Menschen die Unterstützung versagt.

Der Kampf gegen irgendein „Rechts“ – gefeiert und gefordert von der Meinungshoheit – bringt regelmäßig Zehntausende auf die Straße und ein Vielfaches dieser in Wallung. Wie viele würden wohl für den Archivar beim Verfassungsschutz in solcherart Handeln kommen?

Bleiben Sie bitte auch weiterhin schön aufmerksam.


Anmerkungen und Quellen

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Bei Verlinkungen auf weitere Artikel von Peds Ansichten finden Sie dort auch die externen Quellen, mit denen die Aussagen im aktuellen Text belegt werden. Letzte Bearbeitung: 28.02.2020, 22:13 Uhr.

(a1) GröFaZ = Größter Führer aller Zeiten

(1) 01.04.2016; Sven Felix Kellerhoff; https://www.welt.de/geschichte/article153871518/Luegen-und-fiese-Tricks-so-entstand-der-BND.html

(2) 11.10.2018; Isabel Fannrich-Lautenschläger; https://www.deutschlandfunk.de/geheime-dienste-die-dunklen-seiten-des.1148.de.html?dram:article_id=430332

(3) 03.12.2013; https://www.zeit.de/gesellschaft/2013-12/historikerkommission-bnd-organisation-gehlen

(4) 28.06.2011; Joachim Käppner; https://www.sueddeutsche.de/politik/ns-vergangenheit-und-verfassungsschutz-ueber-die-seilschaften-der-altnazis-1.1150775

(5) 23.08.2018; Sophie Troll; https://www.fischundfleisch.com/sophie-troll/sueddeutsche-erklaer-mir-das-overton-fenster-ich-erklaere-der-sueddeutschen-wie-es-sich-verschiebt-49229

(Titelbild) Titel: Fokus Glühlampe – Lichter; Datum: Februar 2018; Fernandozhimineicela (Pixabay); https://pixabay.com/de/fokus-gl%C3%BChlampe-lichter-3095618/; Lizenz: CC0 Creative Commons

Von Ped

9 Gedanken zu „Gedankensplitter“
  1. Lieber Ped,

    Craig Murray hat das Auslieferungsverfahren gegen Julian Assange in London 3 Tage lang hautnah beobachtet. Seine bestürzenden Berichte findet man hier:

    https://www.craigmurray.org.uk/archives/2020/02/your-man-in-the-public-gallery-assange-hearing-day-1/

    https://www.craigmurray.org.uk/archives/2020/02/your-man-in-the-public-gallery-assange-hearing-day-2/

    https://www.craigmurray.org.uk/archives/2020/02/your-man-in-the-public-gallery-the-assange-hearing-day-3/

    Ich sitze noch an den Übersetzungen ins Deutsche und werde sie Deinem blog so bald wie möglich zukommen lassen.

    Herzlich, Achim


    Danke!
    Herzlich, Ped

  2. Eine gelungene Übertragung, wie ich meine, auf die hiesigen Verhältnisse. Ich hoffe, sie hilft dem einen oder anderen aufzuwachen! Ich habe zwei Anmerkungen dazu.

    Zum einen halte ich den Begriff Verfassungsschutz für einen irreführenden Euphemismus. Unser Grundgesetz ist als Abwehrrecht des Souveräns gegen die Staatsgewalten konzipiert. Zunächst definiert und legitimiert es die Staatsgewalten, legt ihnen dann aber sogleich Fesseln an, um zu verhindern, dass sie sich über den Souverän erheben. Dieses Konstruktionsprinzip ist eine Folge der leidvollen Erfahrungen, die die europäischen Völker in den letzten Jahrhunderten immer wieder machen mussten: Noch jeder Staatsmacht lag eine totalitaristische Tendenz inne. Wenn wir uns wachen Auges umblicken, können wir eine seit der Verabschiedung des Grundgesetzes zunehmende Tendenz der Exekutive und der Parteien beobachten, es zu schleifen. Umso mehr es geschleift wurde, umso weniger Widerstandskraft hat es noch und umso schneller erfolgt der weitere Regress. Ein Verfassungsschutz, der diesen Namen verdient, hätte die Aufgabe, unser Grundgesetz gegen diese zu erwartenden totalitären Tendenzen zu schützen, müsste sich also im Sinne des Souverän vor das Grundgesetz stellen und jeden Versuch eines zivilisatorischen Regress abzuwehren versuchen. Unser realexistierende Verfassungsschutz hat aber eine andere Aufgabe und verhält sich auch anders. Er schützt nämlich die Exekutive, die Parteien und die Mächtigen vor dem Souverän. Wäre der Begriff nicht schon verbrannt, hätte man den Verfassungsschutz wohl treffender Staatssicherheit genannt.

    Zum anderen sind die Völker des Wertewestens dabei, die Demokratie- und Zivilisationsdividende zu verkonsumieren. Wir haben vergessen, dass diese Fortschritte von unseren Vorfahren mit Mut und Entbehrungen und um den Preis unsäglich vielen Leids errungen wurden. Wir haben es uns bequem eingerichtet und verdrängen, dass wir, alleine um den Status-Quo zu erhalten, den Regress permanenten abwehren müssen, vom Weiterentwickeln unter sich permanent wandelnden Rahmenbedingungen (Grenzen des Wachstums, Digitalisierung etc.) ganz zu schweigen.

    Wir müssen uns klar machen, dass wir momentan nicht nur im Hinblick auf unsere Umwelt, sondern auch im Hinblick unsere Zivilisation von der Substanz leben. Beides ist uns in den Schoß gefallen. Die Zivilisation haben wir von unseren Vorfahren geerbt, die sich diese Errungenschaften vom Munde abgespart haben, damit wir als ihre Nachfahren es einmal besser haben. Wenn wir unser zivilisatorisches Erbe nicht nur selbstherrlich verprassen wollen, müssen wir einen Teil der Dividende in den Erhalt und die Zukunftsfähigkeit investieren, also mutig handeln und dabei auch die eine oder andere Entbehrung in Kauf nehmen.

  3. Anbei meine Übersetzung von Craig Murrays Bericht vom ersten Tag des Anhörungsverfahrens von Julian Assange. Sie beruht im wesentlchen auf der Maschinenübersetzung von deepL. Ich habe Korrekturen vorgenommen, wo mir dies zum besseren Verständnis erforderlich schien. Wenn sie auch manchmal etwas frei sind, hoffe ich doch, nirgendwo den Sinn entstellt zu haben.

    Ihr Mann auf der öffentlichen Galerie – 1. Tag der Anhörung von Assange
    25. Februar 2020

    Der Woolwich Crown Court soll die Macht des Staates durchsetzen. Normale Gerichte in diesem Land sind öffentliche Gebäude, die von unseren Vorfahren bewusst mitten in den Städten platziert wurden, fast immer nur wenige Schritte von einer Hauptstraße entfernt. Der Hauptzweck ihrer Positionierung und ihrer Architektur bestand darin, den Zugang der Öffentlichkeit zu erleichtern, in der Überzeugung, dass es von entscheidender Bedeutung ist, dass die Justiz von der Öffentlichkeit gesehen werden kann.

    Der Woolwich Crown Court, der den Belmarsh Magistrates Court beherbergt, ist auf dem genau entgegengesetzten Prinzip aufgebaut. Er wurde zu keinem anderen Zweck entworfen, als die Öffentlichkeit auszuschließen. Er ist an ein Gefängnis in einem windgepeitschten Sumpfgebiet weit entfernt von jedem normalen sozialen Zentrum angebaut, eine Insel, die nur durch ein Labyrinth von Schnellstraßen zugänglich ist. Die gesamte Lage und Architektur des Gebäudes sind darauf ausgerichtet, den öffentlichen Zugang zu verhindern. Es ist von einer Fortsetzung der gleichen, extrem schweren Stahlblechbarriere umgeben, die das Gefängnis umgibt. Es ist das Außergewöhnlichste, ein Gerichtsgebäude, das ein Teil des Gefängnissystems selbst ist, ein Ort, an dem man bereits bei der Ankunft als schuldig und im Gefängnis gilt. Der Woolwich Crown Court ist nichts anderes als die physische Negation der Unschuldsvermutung, die Verkörperung der Ungerechtigkeit in unnachgiebigem Stahl, Beton und Panzerglas. Es hat genau die gleiche Beziehung zur Rechtsprechung wie Guantanamo Bay oder die Lubjanka. Es ist in Wahrheit genau der verurteilende Flügel des Belmarsh-Gefängnisses.

    Als ein Assange-Aktivist sich nach Möglichkeiten der Öffentlichkeit erkundigte, an der Anhörung teilzunehmen, wurde ihm durch einen Mitarbeiter des Gerichts beschieden, dass wir uns bewusst sein sollten, dass Woolwich ein „Antiterrorismus-Gericht“ ist. Das ist de facto wahr, aber in Wahrheit ist ein „Antiterrorismus-Gericht“ eine in der britischen Verfassung unbekannte Einrichtung. Wenn ein einziger Tag am Woolwich Crown Court Sie nicht davon überzeugt, dass die Existenz der liberalen Demokratie jetzt eine Lüge ist, dann
    ist Ihre Wahrnehmung in der Tat sehr eingeschränkt.
    Auslieferungsanhörungen finden nicht vor dem Belmarsh Magistrates Court innerhalb des Woolwich Crown Court statt. Sie finden immer vor dem Westminster Magistrates Court statt, da immer davon ausgegangen werden kann, dass der Antrag für die Regierung in Westminster bestimmt ist. Denken Sie mal darüber nach.
    Diese Anhörung findet vor dem Westminster Magistrates Court statt. Sie wird von den Westminster Magistraten und den Mitarbeitern des Westminster Courts abgehalten, befindet sich aber im Belmarsh Magistrates Court innerhalb des Woolwich Crown Court. All diese seltsamen Windungen dienen gerade dazu, das „Antiterrorismus-Gericht“ zu nutzen, um den Zugang der Öffentlichkeit zu beschränken und die Angst vor der Macht des Staates durchzusetzen.

    Eine Folge davon ist, dass Julian Assange im Gerichtssaal selbst im hinteren Teil des Gerichts hinter einer kugelsicheren Glasscheibe eingesperrt ist. Er hat während des Verfahrens mehrfach darauf hingewiesen, dass es ihm dadurch sehr schwer fällt, das Verfahren zu sehen und zu hören. Die Richterin, Vanessa Baraitser, entschied sich dafür, dies mit einstudierter Unehrlichkeit als ein Problem zu interpretieren, das durch den sehr schwachen Lärm der Demonstranten draußen verursacht wird, im Gegensatz zu einem Problem, das dadurch entsteht, dass Assange in einem massiven kugelsicheren Glaskasten vom Gericht weggeschlossen ist.

    Nun gibt es überhaupt keinen Grund für Assange, sich in diesem Kasten aufzuhalten, der dazu bestimmt ist, extrem gewalttätige Terroristen zurückzuhalten. Er könnte, wie ein Angeklagter bei einer Anhörung normalerweise, mit seinen Anwälten im Gerichtssaal sitzen. Aber die feige und bösartige Baraitser hat wiederholte und hartnäckige Anträge der Verteidigung abgelehnt, Assange zu seinen Anwälten zu lassen. Baraitser ist natürlich nur eine Marionette, denn sie wird von der Obersten Richterin Lady Arbuthnot überwacht, einer Frau, die so sehr in das Netz des Verteidigungs- und Sicherheitsdienstes verstrickt ist, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie ihre Beteiligung an diesem Fall noch korrupter sein könnte.

    Für Baraitser oder Arbuthnot ist es egal, ob Assange wirklich in einem kugelsicheren Kasten eingesperrt werden muss oder ob er dadurch daran gehindert wird, ein Gerichtsverfahren zu verfolgen. Baraitsers Absicht ist es, Assange zu demütigen und uns anderen das Entsetzen über die gewaltige erdrückende Macht des Staates einzuflößen. Die unerbittliche Stärke des Verurteilungsflügels des albtraumhaften Belmarsh-Gefängnisses muss aufrechterhalten werden. Wenn Sie hier sind, sind Sie schuldig.

    Es ist die Lubjanka. Sie mögen nur ein Untersuchungshäftling sein. Dies mag nur eine Anhörung sein, kein Prozess. Sie mögen keine Vorgeschichte von Gewalt haben und nicht der Gewalt beschuldigt werden. Sie mögen drei der bedeutendsten Psychiater des Landes haben, die Berichte über Ihre Geschichte einer schweren klinischen Depression vorlegen und vor einem Selbstmord warnen. Aber ich, Vanessa Baraitser, werde Sie trotzdem in eine Kiste sperren, die für die gewalttätigsten Terroristen gedacht ist. Um zu zeigen, was wir mit Dissidenten machen können. Und wenn Sie dann den Gerichtsverhandlungen nicht folgen können, umso besser.

    Sie werden vielleicht besser akzeptieren, was ich über das Gericht sage, wenn ich Ihnen sage, dass man eine Anhörung, die in der ganzen Welt verfolgt wird, in einen Gerichtssaal gebracht hat, in dem insgesamt sechzehn Sitze zur Verfügung standen. 16.
    Um sicher zu gehen, dass ich einen dieser 16 bekommen habe und Ihr Mann auf der Galerie sein konnte, stand ich ab 6 Uhr morgens vor dem großen verschlossenen Eisenzaun in der Kälte, der Nässe und dem Wind Schlange. Um 8 Uhr morgens wurde das Tor aufgeschlossen, und ich konnte durch den Zaun zu einer weiteren Schlange vor den Türen des Gerichtssaals gehen, wo ich trotz der Tatsache, dass auf den Aushängen klar angegeben ist, dass das Gericht um 8 Uhr morgens für die Öffentlichkeit geöffnet wird, erneut eine weitere Stunde und vierzig Minuten vor dem Gebäude anstehen musste. Dann wurde ich durch gepanzerte Luftschleusentüren und durch die Flughafensicherheitsanlagen abgefertigt und musste mich hinter zwei weiteren verschlossenen Türen anstellen, bevor ich schließlich meinen Platz erreichte, als das Gericht um 10 Uhr morgens begann. Zu diesem Zeitpunkt sollten wir wohl gründlich verängstigt und eingeschüchtert sein, ganz zu schweigen von der Durchnässung und der möglichen Unterkühlung.

    Es gab einen separaten Medieneingang und einen Medienraum mit Live-Übertragung aus dem Gerichtssaal, und es gab so viele Medien, dass ich dachte, ich könnte mich entspannen und mir keine Sorgen machen, da über die grundlegenden Fakten umfassend berichtet werden würde. Tatsächlich hätte ich mich nicht mehr täuschen können. Ich verfolgte die Argumente sehr deutlich jede Minute des Tages, und nicht ein einziger der wichtigsten Fakten und Argumente heute wurde irgendwo in den Mainstream-Medien berichtet. Das ist eine kühne Behauptung, aber ich fürchte, sie ist vollkommen richtig. Ich habe also noch viel Arbeit vor mir, um die Welt wissen zu lassen, was tatsächlich passiert ist. Der bloße Akt, ein ehrlicher Zeuge zu sein, ist plötzlich extrem wichtig, wenn die gesamten Medien diese Rolle aufgegeben haben.

    Der Kronanwalt James Lewis gab die Eröffnungserklärung für die Anklage ab. Sie bestand aus zwei Teilen, die beide gleichermaßen außergewöhnlich waren. Der erste und längste Teil war wirklich bemerkenswert, weil er keine rechtlichen Argumente enthielt und sich nicht an die Richterin, sondern an die Medien richtete. Es ist nicht nur offensichtlich, dass seine Bemerkungen darauf abzielten, sondern er erklärte sogar bei zwei Gelegenheiten während seiner Eröffnungserklärung, dass er sich an die Medien wendet, wobei er einmal einen Satz wiederholte und ausdrücklich sagte, dass er ihn noch einmal wiederholen würde, weil es wichtig sei, dass die Medien ihn mitbekämen.

    Ich bin ehrlich gesagt erstaunt, dass Baraitser dies zugelassen hat. Es ist völlig unzulässig, dass ein Anwalt sich nicht an das Gericht, sondern an die Medien wendet, und es könnte einfach keine klareren Beweise dafür geben, dass es sich um einen politischen Schauprozess handelt und dass Baraitser daran mitschuldig ist. Ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass die Verteidigung extrem schnell gerügt worden wäre, wenn sie begonnen hätte, Bemerkungen an die Medien zu richten. Baraitser gibt nicht (einmal) vor, etwas anderes zu sein als ein Sklave der Krone und damit der US-Regierung.

    Die Punkte, die Lewis die Medien wissen lassen wollte, waren folgende:
    Es ist nicht wahr, dass auch Mainstream-Publikationen wie der Guardian und die New York Times durch die Anklage gegen Assange bedroht sind, denn Assange wurde nicht für die Veröffentlichung der Drahtberichte, sondern nur für die Veröffentlichung der Namen von Informanten und für die Pflege der Beziehung zu Manning und die Unterstützung bei dem Versuch, Computer zu hacken, angeklagt. Nur Assange hätte diese Dinge getan, nicht die Mainstream-Medien.

    Lewis las dann eine Reihe von Artikeln aus den Mainstream-Medien vor, die Assange angriffen, als Beweis dafür, dass die Medien und Assange nicht im selben Boot saßen. Die gesamte Eröffnungsstunde bestand darin, dass sich die Anklage an die Medien wandte und versuchte, einen klaren Keil zwischen die Medien und Wikileaks zu treiben, um so die Unterstützung der Medien für Assange zu verringern. Es war eine politische Ansprache, nicht im Entferntesten eine juristische Eingabe. Gleichzeitig hatte die Staatsanwaltschaft unzählige Kopien dieses Abschnitts von Lewis‘ Ansprache vorbereitet, die an die Medien verteilt und ihnen elektronisch zur Verfügung gestellt wurden, damit sie sie ausschneiden und einfügen konnten.

    Nach einer Vertagung fragte Richterin Baraitser die Staatsanwaltschaft nach der Richtigkeit einiger dieser Behauptungen. Insbesondere die Behauptung, dass sich die Zeitungen nicht in der gleichen Lage befänden, weil Assange nicht der Veröffentlichung, sondern der „Beihilfe“ für Chelsea Manning bei der Beschaffung des Materials beschuldigt wurde, schien nicht mit Lewis‘ Lesart des Official Secrets Act von 1989 übereinzustimmen, der besagt, dass allein die Beschaffung und Veröffentlichung von Regierungsgeheimnissen ein Vergehen sei. Das würde doch sicher bedeuten, so Baraitser, dass Zeitungen, die nur die leaks von Manning veröffentlichen, sich eines Vergehens schuldig machen würden?

    Dies schien Lewis völlig unvorbereitet zu treffen. Das Letzte, was er erwartet hatte, war irgendein Scharfsinn von Baraitser, deren Aufgabe es war, einfach das zu tun, was er sagte. Lewis summte und brummte, setzte seine Brille mehrmals auf und ab, stellte sein Mikrofon immer wieder neu ein und nahm eine Reihe von Zetteln aus seiner Akte auf, von denen jeder einzelne ihn durch seinen Inhalt zu überraschen schien, da er sie unglücklich in der Luft schwenkte und sagte, er hätte eigentlich den Fall Shayler zitieren sollen, aber er könnte ihn nicht finden. Es gefiel ihm, Columbo ohne den Charme und ohne die Killerfrage am Ende des Prozesses zu beobachten.

    Plötzlich schien Lewis zu einer Entscheidung zu kommen. Ja, sagte er viel entschiedener. Der 1989 von der Thatcher-Regierung nach dem Ponting-Fall eingeführte „Official Secrets Act“ sollte insbesondere die Verteidigung des öffentlichen Interesses abschaffen und den unbefugten Besitz eines Amtsgeheimnisses zu einem Verbrechen mit strikter Haftung machen – das heißt, egal, wie Sie es erlangt haben, die Veröffentlichung und sogar der Besitz machte Sie schuldig. Daher sei Assange nach dem Prinzip der doppelten Strafbarkeit auslieferungspflichtig, unabhängig davon, ob er Manning Beihilfe geleistet hatte oder nicht. Lewis fügte dann hinzu, dass jeder Journalist und jede Publikation, die das Amtsgeheimnis druckt, daher auch eine Straftat begehen würde, unabhängig davon, wie sie es erlangt haben, und unabhängig davon, ob sie Informanten genannt hat oder nicht.

    Lewis hatte also gerade voll und ganz seinem gesamten Eröffnungsstatement den Medien gegenüber widersprochen, in dem er erklärte, dass sie sich keine Sorgen machen müssten, da die Assange-Vorwürfe niemals auf sie angewandt werden könnten. Und er tat dies direkt nach der Vertagung, unmittelbar nachdem sein Team Kopien der Argumente ausgehändigt hatte, denen er jetzt gerade vollständig widersprochen hatte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es schon oft vor Gericht vorgekommen ist, dass ein hochrangiger Anwalt sich so absolut und so sofort als uneingeschränkter und schlecht motivierter Lügner erwiesen hat. Dies war zweifellos der atemberaubendste Moment der heutigen Gerichtsverhandlung.

    Bemerkenswerterweise finde ich jedoch nirgendwo in den Mainstream-Medien eine Erwähnung, dass dies überhaupt geschehen ist. Was ich überall finden kann, ist die Berichterstattung der Mainstream-Medien, die per Cut and Paste den ersten Teil von Lewis‘ Erklärung darüber, warum die Verfolgung von Assange keine Bedrohung für die Pressefreiheit darstellt; aber niemand scheint berichtet zu haben, dass er fünf Minuten später sein eigenes Argument völlig aufgegeben hat. Waren die Journalisten zu dumm, um den Austausch zu verstehen?

    Die Erklärung ist sehr einfach. Es gibt keine gedruckte oder elektronische Aufzeichnung von Lewis‘ Antwort, die sich aus einer Frage von Baraitser an Lewis ergab. Seine ursprüngliche Erklärung wurde den Medien in Cut-and-Paste-Format zur Verfügung gestellt. Seine dem widersprechene Erklärung würde es erfordern, dass ein Journalist sich anhört, was vor Gericht gesagt wurde, es versteht und aufschreibt. Es gibt heute keinen signifikanten Prozentsatz der Journalisten in den Mainstream-Medien, die über diese elementare Fähigkeit verfügen. „Journalismus“ besteht nur aus Ausschneiden und Einfügen von genehmigten Quellen. Lewis hätte Assange im Gerichtssaal erstechen können, und es würde nicht berichtet werden, wenn es nicht in einer Pressemitteilung der Regierung enthalten wäre.

    Ich war unsicher, was Baraitser damit bezwecken wollte. Offensichtlich hat sie Lewis in diesem Punkt sehr beunruhigt, und es schien ihr eher Spaß zu machen, dies zu tun. Auf der anderen Seite ist ihr Argument nicht unbedingt hilfreich für die Verteidigung. Sie sagte im Wesentlichen, dass Julian aus britischer Sicht unter doppelter Strafbarkeit ausgeliefert werden könnte, nur für die Veröffentlichung, unabhängig davon, ob er sich mit Chelsea Manning verschworen hat oder nicht, und dass alle Journalisten, die veröffentlicht haben, ebenfalls angeklagt werden könnten. Aber ist dieser Punkt nicht so extrem, dass er nach dem Human Rights Act zwangsläufig ungültig wäre? Drängte sie Lewis dazu, eine Position zu vertreten, die so extrem war, dass sie unhaltbar war – und ihm genug Seil gab, um sich zu erhängen – oder speichelte sie bei der Aussicht auf nicht nur die Auslieferung von Assange, sondern auch auf eine Massenverfolgung von Journalisten?

    Die Reaktion einer Gruppe war sehr interessant. Die vier Anwälte der US-Regierung, die unmittelbar hinter Lewis saßen, hatten die Gnade, sehr unangenehm auszusehen, da Lewis klipp und klar erklärte, dass jeder Journalist und jede Zeitung oder jedes Rundfunkmedium, die ein Regierungsgeheimnis veröffentlichen oder gar ein solches auch nur besäßen, ein schweres Vergehen begangen hätten. Ihre gesamte Strategie war es gewesen, so zu tun, als ob sie das nicht gesagt hätten.

    Lewis ging dann dazu über, die Argumente der Anklage zu beenden. Das Gericht habe keine Entscheidung zu treffen, erklärte er. Assange muss ausgeliefert werden. Die Straftat erfüllte den Test der doppelten Strafbarkeit, da es sich sowohl in den USA als auch in Großbritannien um eine Straftat handelte. Das britische Auslieferungsgesetz verbot es dem Gericht ausdrücklich, zu prüfen, ob es Beweise zur Untermauerung der Anklagepunkte gab. Hätte es, wie die Verteidigung argumentierte, einen Verfahrensmissbrauch gegeben, so muss das Gericht dennoch ausliefern und dann den Verfahrensmissbrauch als gesonderte Angelegenheit gegen die Täter verfolgen. (Dies ist ein besonders fadenscheiniges Argument, da es dem Gericht aufgrund der souveränen Immunität nicht möglich ist, gegen die US-Regierung vorzugehen, wie Lewis sehr wohl weiß). Schließlich erklärte Lewis, dass der Human Rights Act und die Redefreiheit in Auslieferungsverfahren völlig irrelevant seien.

    Edward Fitzgerald erhob sich daraufhin, um die Eröffnungserklärung für die Verteidigung abzugeben. Er begann mit der Feststellung, dass das Motiv der Anklage rein politischer Natur sei und dass politische Straftaten gemäß Artikel 4.1 des Auslieferungsabkommens zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA ausdrücklich ausgeschlossen seien. Er wies darauf hin, dass die Obama-Regierung zum Zeitpunkt des Chelsea-Manning-Prozesses und erneut im Jahr 2013 spezifische Entscheidungen getroffen habe, Assange wegen der Manning leaks nicht zu verfolgen. Dies sei von der Trump-Administration aus rein politischen Gründen rückgängig gemacht worden.

    Was den Verfahrensmissbrauch betrifft, so verwies Fitzgerald auf Beweise, die den spanischen Strafgerichten vorgelegt wurden, dass die CIA eine spanische Sicherheitsfirma beauftragt hatte, Julian Assange in der Botschaft auszuspionieren, und dass diese Spionage insbesondere die Überwachung von Assanges privilegierten Treffen mit seinen Anwälten zur Erörterung der Auslieferung umfasste. Für den Staat, der versucht auszuliefern, um die Beratungen zwischen den Anwälten des Angeklagten auszuspionieren, ist dies an sich schon ein Grund, den Fall abzuweisen. (Dieser Punkt ist zweifelsohne richtig. Jeder anständige Richter würde den Fall wegen der ungeheuerlichen Bespitzelung der Verteidiger kurzerhand ablehnen).

    Fitzgerald fuhr fort, dass die Verteidigung Beweise dafür vorlegen würde, dass die CIA Assange und seine Anwälte nicht nur ausspioniert hat, sondern auch aktiv eine Entführung oder Vergiftung in Betracht gezogen hat, und dass dies zeigt, dass es in diesem Fall kein Engagement für eine ordnungsgemäße Rechtsstaatlichkeit gibt.

    Fitzgerald sagte, dass der Rahmen der Anklage in diesem Fall eine absichtliche Falschdarstellung der Tatsachen enthielt, die auch einem Verfahrensmissbrauch gleichkam. Es stimme nicht, dass es Beweise für eine Schädigung der Informanten gebe, und die US-Regierung habe dies in anderen Foren bestätigt, z.B. im Prozess gegen Chelsea Manning. Es hatte keine Verschwörung zum Hacken von Computern gegeben, und Chelsea Manning war vor dem Kriegsgericht von dieser Anklage freigesprochen worden. Und schließlich war es nicht wahr, dass Wikileaks die Veröffentlichung von unbestätigten Namen von Informanten veranlasst hatte, da andere Medienorganisationen zuerst dafür verantwortlich waren.

    Noch einmal: Soweit ich sehen kann, wird zwar über den Vorwurf der Schädigung von Informanten in den USA umfassend berichtet, aber die vollständige Widerlegung der Fakten und die Behauptung der Verteidigung, dass die Fälschung von Fakten einem Verfahrensmissbrauch gleichkommt, wird überhaupt nicht viel berichtet. Fitzgerald verwies schließlich auf die Bedingungen in den US-Gefängnissen, die Unmöglichkeit eines fairen Prozesses in den USA und die Tatsache, dass die Trump Administration erklärt hat, dass Ausländer keinen Schutz nach dem Ersten Verfassungszusatz erhalten, als Gründe dafür, dass eine Auslieferung ausgeschlossen werden muss. Sie können die gesamte Erklärung der Verteidigung lesen, aber meiner Meinung nach war die stärkste Passage, warum dies eine politische Verfolgung ist und somit von der Auslieferung ausgeschlossen ist.

    (Offenbar ist die Erklärung der Verteidigung vollständig veröffentlicht. Murray nennt im folgenden einzelne Dokumente und deren Verfasser mit kurzen Inhaltsangaben, deren Wiedergabe ich hier aber für entbehrlich halte, HJD.)

    Alle Experten, deren Berichte Ihnen vorliegen, zeigen, dass Julian Assange wegen der politischen Position zur Zielscheibe geworden ist, die ihm von der Trump-Administration zugeschrieben wird – als ein Feind Amerikas, der zu Fall gebracht werden muss.
    Morgen geht die Verteidigung weiter. Ich bin wirklich unsicher, was passieren wird, da ich mich im Moment viel zu erschöpft fühle, um um 6 Uhr morgens in der Warteschlange zu stehen, um reinzukommen. Aber ich hoffe, dass ich morgen Abend einen weiteren Bericht verfassen werde.

  4. Der immer noch sogenannte “Verfassungsschutz“ ist nicht der Nachfolger der Organisation Gehlen. Reinhard Gehlen war erster Präsident des Bundesnachrichtendienstens (BND). Das Bundeskriminalamt (BKA) wurde mit Ex-Gestapo-Offizieren besetzt. Aber tatsächlich wurde der “Verfassungsschutz” nicht nur föderal organisiert (jedes Bundesland hat einen), sondern das Misstrauen der US-Amerikaner ging soweit, dass sie versucht haben, alte Nazi-Kader aus diesem Dienst erst einmal heraus zu halten.

    Das lag und liegt an der Aufgabe des deutschen Inlandsgeheimdienstes, nämlich die Neonazi-Gruppierungen im Griff zu behalten. Und das passiert, indem sie vom “Verfassungsschutz” geführt werden (und finanziert). Sie stehen somit unter seiner Kontrolle. Praktisch auch für Projekte wie Gladio.

    Das Kriegsende ist allerdings 75 Jahre her. In der Zeit kann so einiges passieren, unter anderem auch ein Zusammenwachsen der Neonazis mit ihren Führern. Ausserdem sind “Sicherheitsbehörden” beliebte Arbeitsplätze für Menschen, die politisch rechts stehen: Bewaffung, Uniform, Macht, Führerprinzip, all das zieht sie an. Und mit der Organisation der Nazis über die verschiedenen Polizei-, paramilitärischen und militärischen Organisationen hinweg (Uniter lässt grüssen) muss man wohl von einer Unterwanderung mit Übernahmeziel sprechen.

    Mit Assange hat das allerdings nur wenig zu tun. Ziemlich viel allerdings tatsächlich mit dem NSU-Fall.

    1. Assange und Manning sind auch alles andere als brave Bürger. Manning war US-Soldat. Sie war Teil der Organisation, die mittels Gewalt und Massenmord den Planeten beherrscht. Manning hatte darüber reflektiert, und es wurde ihr unerträglich. Entsprechend wollte sie die verbrecherische Vorgehensweise aufdecken, kein einfaches Rad mehr im Getriebe der Mordmaschine sein. Mutig hat sie Beweise für einen der vielen Morde geleakt. Allerdings hat sie insgeheim agiert, um sich selbst wenig zu gefährden – und dabei Pech gehabt. Sie geriet an einen Verräter, der das System unterstützt.

      Assange ist ein australischer Hacker. Er gründete Wikileaks auf dem Chaos Communication Congress, zusammen mit anderen, auch einem Hacker vom CCC, Daniel Domscheit-Berg. Assange setzt sich für Informationsfreiheit ein, also für das Recht der Öffentlichkeit zu erfahren, was die Mächtigen gerne geheimhalten wollen. Dabei inszenierte sich Assange durchaus wie ein Rockstar, aber auch deshalb, um die Aufmerksamkeit seiner Feinde auf sich zu ziehen. Und das hat funktioniert: er wurde und wird gefoltert, und nun in einem Schauprozess der Öffentlichkeit vorgeführt, um zu zeigen, was mit denen passiert, die die Versprechen der westlichen Werte eingelöst sehen wollen.

      Die einzige Verbindung, die ich sehe, ist, dass Leute, die zumindest eng mit den “Sicherheitsbehörden” sein müssen, die NSULeaks ermöglichten: https://fdik.org/nsuleaks/ Ihre Motive würde ich jedoch auch nicht im Bereich “brave Bürger” verorten. Im Gegenteil, da hat’s wohl einigen gestunken, dass man den Nazis nun Dinge anhängt, die andere begangen haben. Von Grauen Wölfen und einer gestörten CIA-MIT-Übergabe ist hier die Rede. Viel davon lässt sich bisher nicht bestätigen. Aber eines ist klar: wie bei eigentlich allen Geheimdienstgeschichten, so macht auch diese darin keine Ausnahme, dass so, wie sie erzählt wird, die Realität nicht sein kann.

      1. Assange und Manning sind auch alles andere als brave Bürger.

        Das Argument verstehe ich nicht. Ob Assange und Manning „brave Bürger“ sind, spielt überhaupt keine Rolle. Die ganze moralische Knete mit der herumgeworfen wird, beantworte ich mit einer Frage: Wer moralisch rein ist, werfe den ersten Stein! Diejenigen die den Stein werfen, tun so, als ob es bei ihnen zutreffen würde, aber tief in ihrem Inneren ahnen sie, dass sie es nicht sind. Und eben deshalb zeigen sie den „Pistolengriff“: Ein Finger auf den anderen, moralisch Fehlbaren, drei Finger auf sich selbst.
        Natürlich sind auch Assange und Manning Teil des Systems. Sie, Volker und ich sind es aber ebenso – und es gibt genug Dinge, die wir Beide tun und die nach „moralischen Maßstäben“ nicht auf „nette Bürger“ zutreffen. Außerdem gibt es auch noch genug Situationen, in denen wir unserem Ego unterliegen, weil wir geliebt und anerkannt sein möchten.
        Das alles lenkt ab vom Problem, dass zu diskutieren ist: Warum funktioniert der Rechtsstaat nicht und wie kann es sein, dass Menschen die diesen Rechtsstaat durch mutiges Handeln zu schützen suchen und so in gewisser Weise für jeden von uns mutig sind, warum diese Menschen von der Gesellschaft in ihrer übergroßen Mehrheit allein gelassen werden.
        Freundliche Grüße, Ped

    2. Der immer noch sogenannte “Verfassungsschutz“ ist nicht der Nachfolger der Organisation Gehlen. Reinhard Gehlen war erster Präsident des Bundesnachrichtendienstens (BND)

      Korrekt, aber der Artikel stellt das doch klar?! Die Kausalkette im Text verläuft auf einer anderen Ebene.
      Freundliche Grüße, Ped

Kommentare sind geschlossen.