Im aufopferungsvollen Kampf gegen die vielen unsichtbaren Feinde ist unsere Bundeswehr trotz aller bisher eingeleiteten Maßnahmen zur Abwehr der latenten Gefahr leider noch immer praktisch wehrlos dem jederzeit und bereits heute überall hereinbrechenden Horden der nur auf Schwächen lauernden Feinde ausgeliefert. Doch jetzt weist uns ein zaghaft flackerndes Licht den Weg zum Ende des Tunnels der Angst, denn wir haben eine Cyber-Armee.


Zuerst: Vorsicht, Satire!

Die Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland ist ein hartes Stück Arbeit. Allein die Suche nach einer Gefahr war aufreibend und langwierig. Daher musste sich die deutsche Bundeswehr mangels der öden andauernden Friedensbereitschaft ihrer Nachbarn Gefahren im weiter entfernten Ausland suchen. Das erfordert inzwischen lange Reisewege, die wir aber um des lieben Friedens Willen gern in Angriff nehmen. Schließlich haben das unsere ruhmreichen Vorbilder – wie wir gleich sehen werden – auch in Kauf genommen; koste es was es wolle.

Dieses Engagement zur Erprobung der Schlagkraft ihrer Wehrkraft (woraus sich folgerichtig wie erhofft erst eine respektable Wehrmacht ergeben kann) hat sich die Bundeswehr samt ihrer politischen Auftraggeber durch sorgfältige Lektüre historischer Werke – die sie als Eins zu Eins Handlungsanleitungen begriffen hat – zu Eigen gemacht. Ein erster kurzer Auszug aus dem Handbuch zur angemessenen Hebung der Wehrmacht [a1] möchte das dem Leser verständlich machen:

„Alonso Quijano, ein kleiner Landadeliger, lebt „irgendwo“ in der Mancha in Spanien. Er hat schon nahezu alle Ritterromane gelesen, deren Begebenheiten er ab einem bestimmten Moment für absolut wahr hält. Diese Lektüre hat ihn so weit der Realität entrückt, dass er eines Tages selbst ein „fahrender Ritter“ werden will, um sich todesmutig in Abenteuer und Gefahren zu stürzen, das Unrecht zu bekämpfen und ewigen Ruhm an seinen Namen zu heften.“ [1]

Bleibt im ersten Wurf hinzuzufügen: Wo immer das auch sein mag.

Natürlich haben unsere tarnfarbenen Helden auch aus den Fehlern des Ritters von der traurigen Gestalt gelernt und festgestellt, dass Jener scheitern musste. Nicht weil sein Konzept des globalen wie entschlossenen Friedensbringers fragwürdig gewesen wäre, sondern vielmehr wegen dessen rostender Rüstung und stumpfer Waffen. Die in alle Richtungen ausschwärmenden deutschen Friedensengel stehen praktisch nackt da. So kann man natürlich nicht das reine deutsche Glück über die ferne unterentwickelte Dritte Welt bringen. 

Damit schließlich der Letzte begreift, dass die Sache des Mannes aus La Mancha auch die unsere sein MUSS, ist die Hofberichterstattung unermüdlich im medialen Einsatz, um das heroische Vorhaben zur Sache des deutschen Volkskörpers zu machen, der ja eh schon unter dem schwerem Druck zigtausender Fremdblütiger ächzt. [b1]

Eine wichtige Botschaft aus der Geschichte lautet: Erkenne Deine Feinde! Diesbezüglich hat Don Quijote wegweisendes geleistet. Denn ER war es, der erkannte, dass sich der Feind hinter vielen Gesichtern versteckt:

„Don Quijote kämpft gegen Windmühlen, die ihm als Riesen erscheinen […], attackiert staubumwölkte Hammelherden, die für ihn mächtige Heere zu sein scheinen, jagt einem Barbier sein Rasierbecken ab, das für ihn den Helm des Mambrin darstellt, besteht einen „blutigen“ Kampf mit einigen Schläuchen roten Weines und dergleichen mehr.“ [2]

Wie lautete doch die Botschaft des Wehrkraft-Berichts aus dem extrem unabhängigen und investigativen Organ mit fester und zuverlässiger Verankerung in der Wehres-Führung? Ich zitiere aus dem ZDF-Screenshot oben:

„Die Bundeswehr kämpft jetzt auch im Internet – gegen ihre unsichtbaren Feinde […]“ [3]

Hier haben die Strategen der Vorne-Verteidigung bahnbrechende, zwingend über Grenzen hinweg wirksame Strategien umgesetzt. Nicht nur, dass sie erkannt haben, wie unsichtbar unsere Feinde geworden sind. Nein, sie haben zielgerichtet gesucht und in Litauen, also direkt vor unserer Haustür, dort im Bannkreis des die Zähne drohend fletschenden russischen Bären, sind sie fündig geworden. Und tatsächlich: Sie ist unsichtbar, die Gefahr. Die armen deutschen Landser fern der Heimat müssen zu Tode erschrocken gewesen sein, als sie die Gefahr – fast zu spät(!) erkannten:

„Cyberangriffe auf die Bundeswehr sind nach Einschätzung des Verteidigungsministeriums längst keine Fiktion mehr, sondern bittere Realität. Allein 280.000 Attacken zählten die Streitkräfte in den ersten beiden Monaten dieses Jahres. Das Thema wird nach Ansicht von von der Leyen die nächste Dekade beherrschen. Das zeigt auch die hybride Kriegsführung in der Ostukraine oder Fake-News-Angriffe auf die deutschen Soldaten in Litauen.“ [4]

Armes schutzloses Deutschland du! 280.000 ATTACKEN IN ZWEI MONATEN; jetzt sollte dem Letzen das Blut in den Adern gefrieren. Wer in der IT arbeitet, lacht sich aber vielleicht auch scheckig über diese Zahl von ATTACKEN, die einfach nur dafür da ist, eigene Paranoia auf das konsumierende Publikum zu übertragen und uns den Schmarrn einer Bundeswehr ohne Wehrmacht verklickern will. Sehr schön haben es außerdem unsere Wortgewaltigen vom ZDF erfasst: Wer in Paranoia lebt, wird von dieser beherrscht. Wie geht es eigentlich Frau Leyen?: „Das Thema wird nach Ansicht von von der Leyen die nächste Dekade [und sie selbst] beherrschen.“.

Doch kann das sein? Wir schicken unsere Wehrkraft einfach fern weg von der Heimat und dann wird sie plötzlich angegriffen und kann sich nur verteidigen? Entschlossenes Handeln sieht anders aus und wozu geben wir unseren waffentragenden humanitären Garden dann robuste Mandate? Dieses Problem brachte auch ZDF-heute um den Schlaf und so war ihre drängende Frage auch:

Darf die Truppe nur abwehren, oder auch angreifen? [5]

Das müssen bange Momente gewesen sein. Schließlich weiß man ja noch gar nicht, wen man wo angreift – und die Feinde sind auch noch unsichtbar. Wenn jetzt politisch Verantwortliche gar anfangen würden, darüber nachzudenken ob sie hier nicht paranoiden Schwachsinn betreiben. Das wäre ein Horrorszenario, wir Verrückten wären doch alle dem Untergang geweiht! Aber Gott sei Dank, dem ist nicht so:

„Ja, auch wenn die Bundeswehr darüber nur ungern redet: Auch Cyber-Attacken gehören klar zu den Fähigkeiten der neuen Armee. Die Bundeswehr übt aber seit Jahren Cyber-Attacken in einer geheim agierenden Einheit in Rheinbach bei Bonn. Diese knapp 80 Mann starke Einheit soll bis 2021 auf 200 Mann aufgestockt werden.“ [6]

Das Folgende darf der interessierte Leser jetzt nicht wörtlich nehmen. Es geht hier um Präventivschläge, Vorneverteidigung, Gefahrenabwehr in fremden Hemisphären. Begreifen Sie doch endlich: Wir sind bedroht, von Muslimen, Terroristen, Russen, Chinesen, Nordkoreas Steinzeit-Kommunisten, nomadisierenden Afrikanern, griechischen Faulenzern, Marsmenschen, Bier trinkenden und sich in Hängematten wälzenden HartzIV-Empfängern – und dazu kommen jetzt noch die Unsichtbaren! Sollen wir warten, bis die alle hier sind? Die deutsche Frau, der deutsche Mann, das deutsche Kind; wie sollen die sich bei solch einer Gefahrenlage sorgenlos in die Kissen kuscheln? Frieden muss erkämpft werden, zur Not mit Gewalt; allerortens und jederzeit. Das Abendland ist überall – überall dort, wo es abends dunkel wird:

„Die IT-Soldaten könnten etwa in einem Auslandseinsatz Kommunikationskanäle des Gegners stören, um ihn zu isolieren.“ [7]

Oder trauen Sie den auf Krawall gebürsteten Syrern nicht zu, dass die unsere Friedenstauben, die über deren Land humanitär patroullieren, einfach so abschießen? Nur weil wir ihren Lauftraum verletzen und Daten ermitteln, die ganz wichtig zur humanitären Kriegführung in eben dem zu befriedenden Land sind?

Für die Irren hierzulande, die im politischen Denken an dieser Stelle angekommen sind, wäre es vielleicht ganz nützlich – einfach auch um uns nicht nur vor ihnen, sondern auch sie vor sich selbst zu schützen, wenn man sie ihrerseits erst einmal ein paar Monate isolieren würde. Doch offensichtlich sind wir alle von der Art des kleinen dicken Sancho Panzas. Und träumen Sie auch von einer eigenen Insel?:

„Sancho dagegen […] mit einem gesunden Menschenverstand denkend, ist ängstlich. Er durchschaut die Narrheiten seines Herrn, leistet ihm aber trotzdem die Gefolgschaft. Don Quijote hat ihm nämlich, entsprechend den Vorgaben in den Ritterromanen, als seinem Stallmeister die Statthalterschaft über eine Insel in Aussicht gestellt. Diese Verlockung bindet Sancho trotz aller Bedenken an seinen Herrn.“ [8]

Der spanische Nationaldichter Miguel de Cervantes hat sich nie eindeutig bekannt, was er mit seiner Geschichte wirklich ausdrücken wollte. Dass es um Traum (Fiktion) und Wirklichkeit geht – und vor allem darum in welcher dieser Welten wir uns bewegen, ist jedoch deutlich genug:

„Nach Cervantes könne weder den Sinnen noch den Worten vertraut werden, selbst Namen werden zweideutig. Auch die Leser sollen zweifeln, ob sie den Held als versponnenen Idealisten oder lächerlichen Narren einzuordnen haben. Cervantes löst diese Ambiguität nicht auf, weshalb in der Literaturwissenschaft konträre Interpretationsansätze bezüglich Quijotes Wahnsinn existieren. [9]

Sie können sich nun aussuchen, wo sie die Kriegspolitik der deutschen Regierung einordnen wollen. Deren Vertreter, gefangen in ihrer ideologischen Blase, bekommen nicht mit, dass sie im Prinzip wie Verrückte handeln. Nicht Deutschland wird bedroht, Deutschland ist inzwischen die Bedrohung.

Zum einen kann dieser [Roman] als bewusstes Spiel verstanden werden, in dem Quijote den Wahnsinn der Realität kopiert und der Welt einen Spiegel vorhält. Zum anderen kann er als tatsächliche Geisteskrankheit verstanden werden.[10]

Das mit dem Spiegel müssen Sie jetzt nicht so ernst nehmen, WIR haben damit natürlich nichts zu tun. Oder vielleicht doch?

Haben Sie eine letzte verzweifelte Hoffnung, dass die offizielle politische Opposition Deutschlands weniger paranoid ist? Deren Botschaft lautet: „Krieg ist kein Problem, aber erst dann wenn wir ihn mit abnicken durften“. Verstehen Sie? Opposition steht drauf, ist aber nicht drin. Das Gleiche wie bei Werbung; das Etikett ist keine Garantie für das Beworbene. Lassen Sie demnach jede Hoffnung fahren und erkennen Sie auch im folgenden Zitat, dass es nur um Nuancen ein und derselben Politik geht – um aggressive Kriegspolitik, um hegemoniale Ansprüche; ideologische -, wirtschaftliche – und folgerichtig politische Herrschaftsansprüche. Und die enden schon lange nicht mehr an unserer Staatsgrenze:

„Die Opposition kritisiert eine unklare Rechtslage, was die parlamentarische Kontrolle angeht. Denn das Eindringen ins Datennetz eines Gegners müsste – wie Einsätze mit Jets, Schiffen und Panzern auch – vom Bundestag genehmigt werden. „In dem Moment, wo wir aktiv eingreifen wollen, geht das nur unter parlamentarischem Vorbehalt“, sagt ein Sprecher des Ministeriums.“ [11]

DIESES Parlament wird jeden Krieg abnicken. Sie haben vor, einer der dort vertretenen Parteien bei der nächsten Bundestagswahl Ihre Stimme zu geben? Dann besorgen Sie sich eine rostige Rüstung, einen alten Klappspaten und machen sich bereit für neue Feldzüge. Folgen Sie den Spuren Don Quijotes.

Der hat übrigens auf dem Sterbebett sinngemäß geäußert: „Wie konnte ich nur so blind sein!“ Ich denke, solange müssen Sie nicht warten.

Besser also ist, Sie bleiben schön aufmerksam. 😉


Anmerkung

[a1] Der Phantasie des Lesers sind keine Grenzen gesetzt, wenn er auf das Wort „Wehrmacht“ stößt. Sie werden es nicht verhindern können, dass Ihnen Ihr Unterbewusstes ganz bestimmte Bilder auftischt. Es hat aber auch seinen Reiz, das Wort mal intensiv auf seine Bedeutung im Sinne der deutschen Sprache zu untersuchen. Und die damit zusammen hängende Doppelsinnigkeit ist auch der Grund, warum ich „Wehrmacht“ in dieser Satire mit Vergnügen verwendete.

Quellen

[1][2][8][9][10] 5.7.2017; https://de.wikipedia.org/wiki/Don_Quijote

[3][4][5][6][7][11] Screenshot; ZDF heute; 1.7.2017; http://www.heute.de/cybrarmee-der-bundeswehr-erhaelt-vorlaeufige-schlagkraft-47477368.html

[b1] 1.7.2017; http://www.heute.de/cybrarmee-der-bundeswehr-erhaelt-vorlaeufige-schlagkraft-47477368.html

[Titelbild] File:German Army Leopard 2, assigned to 104th Panzer Battalion.jpg; Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:German_Army_Leopard_2,_assigned_to_104th_Panzer_Battalion.jpg?uselang=de; Originalquelle: http://www.flickr.com/photos/usarmyeurope_images/8124205192/in/set-72157631688658714; Autor: US-Army; Lizenz: Public Domain; Bild wurde bearbeitet (Fensteranpassung)

Von Ped

3 Gedanken zu „Deutsche Krieger: Ritter von der traurigen Gestalt“
  1. Wunderbar, ganz Gross! Vielen Dank mal wieder Ped, Deine Seite ist inzwischen eine der besten die ich kenne, hoffentlich lesen immer mehr Menschen sowas.

    Gruss

  2. Ein Volltreffer! Ich liebe solchen Sarkasmus. Der Irrsinn hat Dimensionen angenommen, dem man kluger Weise auch über die Satire in das Licht rückt, in den er gehört. Auch? Am besten sollte man überhaupt die Politik der Mächtigen nur noch auf die Schippe nehmen. Doch das ist sehr schwer und nicht jeder Giftgasangriff eignet sich, der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden. Von Don Quijote bis zum braven Soldaten Schwejk; die Palette ist nicht sehr groß. Ja, Ped: Hier ist Dir ein Journalismus, eine Satire gelungen: die ist wirklich vom Besten!
    Vielleicht wird diese Art der Gegenwartsbetrachtung von den immer Dieselben-Wählern und von den Nichtwählern besser verstanden, als alle aufwendigen Analysen und Kommentare zum gleichen Inhalt. Unsere immer noch Spaßgesellschaft will die furchtbare Wahrheit, die schrecklichen Bilder, die eindeutigen Beweise nicht. Es tut so weh, wenn man sich mitschuldig fühlen und wenn man etwas dagegen tun müßte. Verdrängen – Vergessen – das schlechte Gewissen auf den Komposthaufen der Verschwörungstheoretiker werfen, daß ist wohl das gängige Heilmittel gegen die Erkrankung an Selbsterkenntnis. Mit der Satire läßt sich ein mit Nichthinsehenwollen / Nichthinhörenwollen verschlossener Kopf noch öffnen. Möge Peds Werk der breiten Nachdenklichkeit dienen. Auch bei den Mächtigen. In diesem Sinne wünsche ich dem Artikel zehntausende Leser, auf möglich vielen Plattformen des Internets und anderswo. Ich habe eine Kopie ausgedruckt und nehme sie heute zu meinen Freunden mit.
    Ein besonderer Dank von adolfkurt

  3. adolfkurt noch einmal, wie versprochen: Gelacht habe ich nicht. Es ist kein Witz, hat keine Pointe. Es ist die furchtbare Wahrheit in einfallsreichen Worten und Zusammenhängen, die mich schmunzeln ließen und wegen des Sarkasmus durchgehend tief erfreuten. Danke dafür.

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