Wie führt man in den Krieg?


In dem man provoziert – diplomatisch, politisch, militärisch. In dem man immer wieder den selbst ernannten Gegner herausfordert. In dem man unter Verdrehung der Wahrheit ständig neue rote Linien definiert und dafür jene die bisher galten, überschreitet. Bis der Provozierte, in die Enge Getriebene reagiert. Danach beginnt das große Geheule vom bösen aggressiven Feind. Israel und die USA, aber auch deutsche Diplomaten führen es im Falle Syriens vor.


Dass dieses Zündeln gerade jetzt ein weiteres Mal vonstatten geht, hat „gute“ Gründe. Die über Jahre vor der Öffentlichkeit präsentierte Gefahr eines allmächtig werdenden Islamischen Staates – zu dessen Allmächtigkeit man im Hintergrund so einiges beigetragen hatte – ist nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Damit kommt immer deutlicher zum Vorschein, um was es hier wirklich geht: um die Erhaltung einer weiterhin von Zerwürfnis und Krieg geschwächten Region, damit das Fortsetzen des Teile und Herrsche auch weiterhin funktionieren kann. Und außerdem geht es um das erbarmungslose Niederzwingen eines Landes, dass nicht bereit ist, sich zu unterwerfen. Eskalation muss her.

Warum erkennen die USA ausgerechnet jetzt – sich über die Beschlüsse der Vereinten Nationen hinweg setzend – die syrischen Golanhöhen als „legitimes“ Territorium Israels an (1)? Es ist keineswegs nur Benjamin Netanjahus geschwächte innenpolitische Position, sondern vielmehr die Agenda ziokonservativer Eliten – einem eng miteinander verflochtenen Klüngel zwischen den politischen Führern in Washington sowie Tel-Aviv und Jerusalem zum Nahen Osten (siehe AIPAC) – die seit Jahrzehnten die Region in ein beispielloses Chaos gestürzt hat.

Die USA erfahren immer stärkeren Druck aus den Ländern der Region, den Irak und Syrien nun endlich zu verlassen. Damit steht dem Frieden dort Tür und Tor offen, es sei denn der schwächelnde und daher umso unberechenbarere Hegemon holt sich neue „Argumente“ für ein verlängertes Bleiberecht. Deshalb wird gezündelt. Wenn wir lesen, dass israelische Kampf-Jets Ziele in der nördlichen syrischen Provinz Aleppo bombardieren, können wir sehen, wie weit Israel – hunderte Kilometer vom eigenen Territorium entfernt – seinen eigenen Selbstverteidigungsanspruch auslegt (2).

Es unterscheidet sich da in keiner Weise von seinem Schutzpatron, der sich weltweit seit Jahrzehnten vor „Angreifern verteidigte“. Der – im übertragenen Sinne – gewaltsam in fremde Häuser eindrang und deren Bewohner terrorisierte, weil sie ihn – von dort, ihren eigenen Häusern aus – bedrohen würden. Kleine Häuser waren das, Staaten, kleine Staaten, ganz kleine Staaten, neben Vietnam, Laos, Korea, Syrien, Afghanistan auch solche wie das winzige Grenada. Die Menschen vergessen zu schnell.

Kaum ist der Islamische Staat nun auch im südöstlichsten Zipfel Syriens Geschichte, nehmen die Angriffe auf syrisches und russisches Militär seitens der IS-Terrorzellen in Zentral- und Ostsyrien dramatisch zu und forderten in wenigen Tagen über zwei Dutzend Tote (3). Über Monate hatte die SDF und mit ihr aufmerksame „Betreuer“ von Inherent Resolve zuvor zehntausende Menschen aus den belagerten IS-Stellungen bei al-Bukamal herausgefiltert und keiner weiß wirklich, wer von ihnen jetzt wo ist – unter ihnen Dänen, Belgier und Deutsche (4-6). Desweiteren weiß auch keiner, wo dutzende Tonnen geraubten Goldes sind, die der IS gehortet hatte und die Syrien gehören (7).

Nach wie vor blockieren die USA zudem die Abreise von Flüchtlingen aus al-Tanf, in dem die Menschen unter unwürdigsten Bedingungen vegetieren und in dem Hunger und Krankheiten grassieren. Die Menschenfreunde aus Washington benötigen al-Tanf, denn von dort werden Extremisten im schwer zu kontrollierenden Gebiet der syrischen Wüste mit dem versorgt, was die zum Krieg Führen benötigen. Russland hat die USA aufgefordert, am 2. April Vertreter zum Checkpoint Jleb im al-Tanf – Gebiet zu entsenden, um die Auflösung des Flüchtlingslagers endlich möglich zu machen (8).

Zudem pumpen die USA die sogenannten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) wie auch die Islamisten-Miliz Maghaweir Thowra (in al-Tanf) weiter mit Waffen voll und legitimieren sich unter dem haarsträubenden Vorwand einer „Stabilisierungsmission“ eine weitere „Aufenthaltsgenehmigung“ in Ost-Syrien (9). Doch gibt es da noch einen weiteren Punkt, den wir uns für das Ende des Artikels aufheben.

Auch deshalb reiste der russische Kriegsminister Sergej Schoigu am 19. März 2019 nach Damaskus, um sich mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu treffen (10). Die Zurückhaltung und Geduld seitens der „Achse des Widerstandes“ – bestehend vor allem aus Syrien, dem Iran und Russland, aber auch dem Irak kann man angesichts dessen gar nicht hoch genug bewerten.

Das hat mehrere Gründe, der entscheidende aber ist, dass die genannten Staaten allesamt einen Frieden ersehnen. Gerade Syrien hat ein überragendes Interesse an stabilen, friedlichen Verhältnissen im Land, denn nur dann ist ein Wiederaufbau möglich und die vielen hunderttausend Flüchtlinge können wieder – auch aus dem Ausland – in ihre Heimat zurückkehren. Jede kriegerische Handlung erzeugt Instabilität und wirft das Land in diesem Prozess zurück.

Die Verletzung des Völkerrechts allein in Syrien, wie es durch die USA und Israel praktiziert wird, ist dermaßen offensichtlich, massiv und vielfältig, dass sich die Redakteure öffentlich-rechtlicher Medien hier in Deutschland jeden Tag die Finger wund schreiben müssten.

Syrien hat sein Recht wahrgenommen und gegen die Annexion seines Territoriums – und das hier ist tatsächlich eine – bei den Vereinten Nationen eine Dringlichkeitssitzung beantragt. Die Vertreter fast aller Staaten protestierten gegen die Missachtung der Beschlüsse, welche ja durch die UNO in der Vergangenheit gefasst worden waren, um eine langfristige Lösung des Grenzkonflikts auf dem syrischen Golan zu ermöglichen. Von dieser allgemeinen Auffassung wichen eigentlich nur drei Stellungnahmen drastisch ab, die der USA, die Israels – jene hatten keine bessere Idee als dem syrischen Vertreter erneut den völlig absurden Einsatz von Fassbomben vorzuwerfen – und die deutsche (11).

So forderte der UNO-Gesandte der USA, Rodney Hunter, Russland auf, umgehend seinen Einfluss auf Syrien geltend zu machen, um die syrischen Militärs aus dem syrischen Golan abzuziehen. Zu glauben, dass Russland und Syrien dieser „Bitte“ nachkommen, ist absurd. Aber vielleicht wurde es auch gerade deshalb getan?

Das Verhalten des deutschen Diplomaten Christoph Heusgen in dieser Sicherheitsrats-Sitzung aber macht fassungslos, denn er verging sich verbal in einer unglaublichen Art und Weise an einem Kollegen, jenem Kollegen der die Rechte seines Landes bei der UNO wahrnimmt.

Doch das nicht allein, denn die deutschen Massenmedien – schön eingebettet die ARD-Tagesschau als stramm marschierende Regierungs-Verkündungs-Behörde – hofierten das auch noch. Kritische unabhängige Leitmedien – das ist nichts weiter als ein schlechter Witz. So überschrieb die Tagesschau ihren Bericht von der UN-Sondersitzung:

„Auf der Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats zur Anerkennung der israelischen Souveränität über die Golanhöhen wurden die USA weitgehend isoliert. Der syrische Abgesandte beschimpfte den deutschen Botschafter.“ (12)

Liebe Leser, wir leben in Emotionen. Dieser einleitende Text ist ein Paradebeispiel für Fragmentierung und Neukontextuierung von Ereignissen, um sie emotional ins rechte Licht zu setzen. Zwei Sätze, aber der eine Satz mit der emotionalen Botschaft, er ist es, der fortan die gesamte Nachricht trägt. Denn wir alle wollen doch wissen, was der syrische Abgesandte des „Diktators“ – das haben wir ja alle schön intus – sich beim spreizenden deutschen Herren-Diplomaten geleistet hat – oder etwa nicht?

Bevor wir uns mit dem von der Tagesschau gestreichelten Diplomaten Christoph Heusgen befassen, soll der Vertreter jenes Landes zu Wort kommen, dass sich – völlig im Einklang mit dem Völkerrecht – gegen die von den USA gestützte Annexion der syrischen Golan-Höhen durch Israel zur Wehr setzt. Das Protokoll berichtet über die Rede des syrischen UNO-Botschafters:

BASCHAR AL-JAAFARI (Syrien), der das wirkliche Thema des Treffens als eine Entscheidung der Regierung der Vereinigten Staaten [von Amerika] über den „besetzten syrischen Golan“ beschrieb, lehnte den Namen „Golan-Höhen“ als israelischen Terminus ab. Er wies darauf hin, dass Israel gerade zum Zeitpunkt der Eröffnung des Treffens Bombenangriffe gegen Aleppo geführt habe, und sagte, dass die Regierung seines Landes die „illegale Erklärung“ der USA über den Golan, der zu Syrien gehört, und das blinde, präzedenzlose Bestreben dieser Regierung, die Vereinten Nationen zu demütigen, verurteilt habe. Das einseitige Verhalten dieses Landes habe weder einen rechtlichen noch moralischen Wert, sagte er und fügte hinzu, dass die Weltöffentlichkeit die USA und Israel isoliere. Wer wird die USA zur Rechenschaft ziehen, weil sie gegen die einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrates verstoßen haben, und dieses Land [Syrien] als Feind ansehen, der außerhalb des Gesetzes operiert? Seine Handlungen [die der USA] sind ein Versuch, Geschichte, Geographie und das Gewissen der Menschheit zu manipulieren, sagte er. Er betonte die tatsächliche Gefahr für den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit und sagte, dass die Aufhebung der gewaltsamen Besetzung die einzige Option sei. Der Golan wird immer zu Syrien gehören, erklärte er und schlug vor, dass die USA stattdessen North und South Carolina an Israel geben. Syrien lehne alle Versuche des deutschen Vertreters ab, das Treffen von seinem eigentlichen Zweck abzulenken. (Übersetzung PA, 13)

Erst im letzten Satz – sozusagen als Zusatz zum offiziellen Statement – bezieht sich al-Dschaafari auf Aussagen des deutschen Vertreters und er sagt präzise, was der Deutsche da getan hatte.

Christoph Heusgen ist nicht irgendwer. Als Abteilungsleiter für Außen- und Sicherheitspolitik bei der Bundesregierung war er jahrelang einer der engsten Berater der deutschen Bundeskanzlerin – als „Merkels Welterklärer“ (14). Er gilt als einer der Architekten der EU-Sanktionen, die gegen Russland seit 2014 verhängt wurden (15). Seine außenpolitische Karriere startete um die Jahrtausendwende richtig durch, als er in Brüssel zum Direktor unter Javier Solana beim Generalsekretariat des EU-Rates ernannt wurde. Der war da gerade, aus seiner Funktion als NATO-Generalsekretär zur Europäischen Union gewechselt – Drehtüreffekt halt (16,17,a1).

Doch gibt es da noch etwas: Heusgen ist Mitglied der regierungsnahen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Diese Stiftung – und mit ihr auch Christoph Heusgen – ist außerordentlich gut vernetzt mit der wohl einflussreichsten US-amerikanischen Denkfabrik, dem Council on Foreign Relations (CoFR) (18). Auch bei der Atlantik-Brücke ist Christoph Heusgen zu Hause und mit dem so völlig uneigennützigen Philantrophen George Soros hatte er „ausgezeichnete Begegnungen“ zu Themen wie „offene Gesellschaft, Pressefreiheit und Menschenrechten“ (b1,a2):



Nicht dass ich hier für Kontaktschuld plädiere, aber manch einer vergisst, was Soros im Hauptberuf treibt, nämlich Hedgefonds, wo man – da das ja nur eine Spielwiese ist (a3) – gaaaanz weit weg vom Leid dieser Welt ist. Wenig später unterschrieb Herr Heusgen feierlich den UN-Migrationspakt, welcher – wie auch die Europäische Union – natürlich überhaupt nichts mit Soros zu tun hat. Die beiden Weltverbesserer und die dahinter zu sehenden Flaggen entbehren nicht einer gewissen Symbolik. Doch hilft uns das Ganze, die innere Einstellung des in seiner Missionstätigkeit als Demokrat tätigen Christoph Heusgen besser zu verstehen – und außerdem das, was da in der besagten UN-Sicherheitsratssitzung vorgefallen ist. Das Protokoll der Sitzung führt aus:

„CHRISTOPH HEUSGEN (Germany) emphasized that security concerns do not justify annexation of the Golan, adding, however, that the presence of Syrian troops and an Iran-backed group must end.  It is deeply cynical for the Syrian regime, known for atrocious crimes and ruthless brutality, to appear before the Council to criticize others for violating international law, he emphasized.“ (19)

zu deutsch:

„CHRISTOPH HEUSGEN (Deutschland) betonte, dass Sicherheitsbedenken [seitens Israels] keine Annexion des Golan rechtfertigen, fügte jedoch hinzu, dass die Präsenz syrischer Truppen und vom Iran unterstützter Milizen beendet werden muss. Es ist zutiefst zynisch, dass das syrische Regime, das für grausame Verbrechen und rücksichtslose Brutalität bekannt ist, vor dem Rat erscheint, um andere wegen Verletzung des Völkerrechts zu kritisieren, betonte er.“ (Übersetzung PA)

Erkennen die Leser, was Heusgen da gemacht hat?

Der arrogante Superdemokrat Heusgen, der sich – wenn es um das große Ganze geht – einen Dreck um das Völkerrecht schert, hat die syrische Regierung moralisch deligitimiert. Heusgen, der – wie schon erwähnt – auch Mitglied der SWP ist, hat emotional, also im Kriegsmodus, auf einen Diplomaten eingeschlagen und dabei mit pauschalen, undifferenzierten Behauptungen hantiert, um den Gegner zu dämonisieren. Ein solcher Mann hat normalerweise in den leitenden Gremien einer Völkerorganisation nichts aber auch gar nichts zu suchen!

Denn die SWP mit ihren etwa einhundert Mitgliedern, finanziert durch die deutsche Regierung, ist auch tief verstrickt in das Komplott, die souveräne Regierung eines anderen Landes, nämlich Syriens zu stürzen. Die SWP gehörte zu den Drahtziehern eines sogenannten „The Day After“ („Der Tag Danach“), für den man in Berlin unter Führung des SWP-Direktors und ebenfalls bei den Vereinten Nationen agierenden Volker Perthes eine Retorten-Regierung aus syrischen Exilanten zusammenbastelte, die auch noch zur Hälfte aus Mitgliedern der terroristischen Muslimbruderschaft bestand. Christoph Heusgen ist langjähriges Mitglied der SWP.

Der syrische Botschafter bei den Vereinten Nationen heißt Baschar al-Dschaafari. Er war seit Beginn des Krieges in dieser Funktion und wir können uns sicher sein, dass Dschaafari – gerade was deutsche Spitzenpolitiker betrifft – sich gut mit seinen Gegenübern auskennt. Dafür ist Deutschland bis heute einfach zu tief in diesen schmutzigen Krieg verstrickt. Der Syrer weiß genau, dass die deutsche Spitzenpolitik maßgeblich für die menschenverachtenden EU-Sanktionen und den verdeckten Krieg – was zu bitterer Not der Menschen in seinem Heimatland geführt hat – verantwortlich zeichnet.

Im gleichen Atemzug muss sich der Diplomat die verlogenen Worthülsen von Demokratie, Freiheit und „Sorge um die Menschen“ anhören. Ausgerechnet Heusgen wagt es, dem Syrer „Zynismus“ vorzuwerfen. Der Mut des Christoph Heusgen schrumpft allerdings genau dann zur Größe einer Laus (nicht Maus), wenn es darum geht, Saudi-Arabien Zynismus vorzuwerfen. Es sei denn, Heusgen darf das. Mit dieser finsteren Doppelmoral eines deutschen Karrierediplomaten wurde Dschaafari nun auch in einer Sitzung konfrontiert, in der er die unzweifelhaften Rechte seines Landes zur Verhinderung gewaltsamer Landnahme eigenen Territoriums wahrnahm.

Was macht die ARD-Tagesschau daraus? Sie heult uns rührselig ein B-Geschichte vor, in der der arme Christoph Heusgen von dem bösen Dschaafari „beleidigt“ worden sei. Ich weiß nicht, haben die Redakteure dort überhaupt kein Schamgefühl mehr? So klingt sie, die beleidigte Leberwurst:

„Der syrische UN-Botschafter Bashar Jaafari beschimpfte anschließend den deutschen Vertreter. Er sagte, Heusgen habe Schande über Deutschland gebracht.“ (20)

Blöd ist nur, dass der Syrer – bei aller Emotionalität – vollkommen richtig liegt! Stellen wir zudem noch klar, dass al-Dschaafari ausdrückte, dass seine Kritik dem Menschen Christoph Heusgen gilt und nicht Deutschland als Nation, wie er auch unterscheidet zwischen Nazi-Deutschland und dem heutigen Deutschland. Sich durchzuringen, das im Beitrag mit einzuarbeiten, dafür fehlte den ARD-Redakteuren schlicht der Mut.

Eingedenk der gerade gemachten Betrachtungen hat es also auch nichts mit Mut zu tun, dass sich Heusgen aufraffte, die syrischen Golan-Höhen auch als völkerrechtlich Syrien zugehörig anzuerkennen. Er durfte es oder wurde zumindest im Vorfeld nicht in anderer Richtung gebrieft und das hat möglicherweise mit dem Folgenden zu tun.

Der Machtkampf im und um die Posten im Weißen Haus geht unverändert weiter. Der US-amerikanische Präsident ist inzwischen bekannt dafür, immer mal wieder Druck aus dem Kessel zu lassen, den seine Widersacher permanent aufbauen. Dafür lässt er spektakuläre Maßnahmen vom Stapel – spektakulär vor allem insofern, dass sie emotional stark wirken. Diese Wirkung ist natürlich bei Freunden und Feinden diametral, eigentlich. Denn die AIPAC-Fraktion in Washington kann Trumps überraschende Anerkennung der syrischen Golanhöhen als israelisches Staatsgebiet schlecht verwursten, um gegen ihn zu intrigieren. Zumal Trump das Rezept beibehält, seine Maßnahmen zuvor nicht anzukündigen. Trumps Unberechenbarkeit ist also berechnend, weil er seinen Gegnern so die Möglichkeiten einschränkt, Gegenkonzepte zu entwickeln.

So gesehen – und natürlich überspitzt – hat Trump in gewisser Weise der Welt wieder einmal einen Gefallen getan. Seine Unberechenbarkeit hat nämlich auch dazu geführt, dass auch bei der UNO und über die weiteren diplomatischen Kanäle zwischen den Regierungen keine Strippen gezogen werden konnten, um die Diskussion in Bahnen zu lenken, die eine Isolation der USA im Sicherheitsrat verhindert hätten. Das genau ist aber passiert. Mehr noch wurde damit auch Israel isoliert. Die UNO-Diplomaten der Staaten – auch jener die zu den treuesten Verbündeten der USA zählen, wie Frankreich und Großbritannien – konnten frei reden und unmissverständlich auf das Völkerrecht, wie zuvor gefasste Beschlüsse der UNO verweisen.

Mit dieser Isolation ist auch die Annexion der Golanhöhen für Israel ein äußerst zweifelhafter Erfolg und hat Syriens Hoheitsrecht auf das Gebiet sogar noch international bekräftigt.

Bitte bleiben Sie schön aufmerksam.


Anmerkungen und Quellen

(a1) Inwieweit sich ein Javier Solana als gerade abberrufener Oberbefehlshaber der NATO, in dessen Funktion er zuvor den Krieg gegen Jugoslawien mitzuverantworten hatte, für Posten zum „Bau des europäischen Hauses“ eignet, ist noch ein Thema für sich (21,22).

(a2) Körpersprache und die damit verbundene Wirkung der beiden Menschen George Soros und Theodor Heusgen (Bild b1) zeigt deutlich, wer sich bei jenem Beisammensein in welcher Rolle fühlte (23).

(a3) Soros glaubt ja tatsächlich allen Ernstes, dass sein amoralisches Tun als Hedgefonds-Manager sauber getrennt werden kann von seinem Philanthropen-Dasein. Ersteres wäre nur eine Spielwiese und hätte kaum etwas mit dem realen Leben zu tun.

(Allgemein) Dieser Artikel von Peds Ansichten ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen kann er gern weiterverbreitet und vervielfältigt werden. Letzte Aktualisierung: 1.4.2019

(1,12,19) 28.3.2019; https://www.tagesschau.de/ausland/sicherheitsrat-usa-golan-101.html

(2) 28.3.2019; https://southfront.org/israeli-air-force-pounds-syrian-city-of-aleppo/#disqus_thread

(3) 19.3.2019; http://sdf-press.com/en/2019/03/breaking-news-our-forces-evacuated-wounded-of-daesh-terrorists-from-al-baguos/

(4) 29.3.2019; https://flutterbareer.wordpress.com/2019/03/29/idlib-islamisten-attackieren-armee-in-ostsyrien/

(5) Bethan McKernan; 20.2.2019; https://www.theguardian.com/world/2019/feb/20/endgame-for-the-isis-caliphate-looms-in-small-syrian-town?CMP=Share_iOSApp_Other

(6) 23.2.2019; https://t-intell.com/2019/02/23/us-uk-and-france-will-maintain-multinational-peacekeeping-force-in-syria/

(7) Eric Zuesse; 8.3.2019; https://www.strategic-culture.org/news/2019/03/08/syria-accuses-us-stole-40-tons-of-its-gold.html

(8) 29.3.2019; https://syria.mil.ru/en/index/syria/news/more.htm?id=12223569@egNews

(9) https://twitter.com/maghaweirvoice; abgerufen: 30.3.2019

(10) 19.3.2019; http://eng.mil.ru/en/news_page/country/more.htm?id=12222254@egNews

(11,13,20) 27.3.2019; Protokoll der 8495. Sitzung des UN-Sicherheitsrates, einberufen durch Syrien; UN https://www.un.org/press/en/2019/sc13753.doc.htm

(14) Ellen Hasenkamp; 2.1.2019; https://www.swp.de/politik/ausland/christoph-heusgen_-der-deutsche-im-un-sicherheitsrat-28883686.html

(15) https://new-york-un.diplo.de/un-de/botschaft/-/1013918; abgerufen: 29.3.2019

(16) 20.11.2017; https://www.bz-berlin.de/berlin/wer-mit-merkels-berater-verheiratet-ist-kriegt-jeden-job

(17) 23.3.2009; https://www.nato.int/cps/en/natohq/who_is_who_7323.htm

(18) 18.12.2017; https://www.atlantik-bruecke.org/events/das-ende-des-multilateralismus-ein-rueckblick-auf-2017-und-ein-ausblick-auf-2018/

(21) http://www.nato-tribunal.de/kiew.htm; abgerufen: 30.3.2019

(22) https://www.nato.int/cps/en/natohq/declassified_138048.htm; abgerufen: 30.3.2019

(23) 7.11.2018; https://dushanwegner.com/eine-falle-fuer-idioten/

(b1) George Soros und Christoph Heusgen; 5.11.2018; Twitter-Plattform der deutschen UN-Mission; https://twitter.com/GermanyUN/status/1059575760200130560

(Titelbild) Golan, Beobachter; Autor: Jawlany (Pixabay); 16.3.2015; https://pixabay.com/de/photos/beobachter-golan-menschen-674766/; bearbeitet; Lizenz: Pixabay License

Von Ped

Ein Gedanke zu „Syriens Existenzkampf und ein deutscher Karrierediplomat“
  1. Hallo Ped,

    „Die Verletzung des Völkerrechts allein in Syrien, wie es durch die USA und Israel praktiziert wird, ist dermaßen offensichtlich, massiv und vielfältig, dass sich die Redakteure öffentlich-rechtlicher Medien hier in Deutschland jeden Tag die Finger wund schreiben müssten.“

    Die Betonung liegt auf „müssten“, aber die Redakteure haben Ihre Vorlagen und copy-paste ist recht praktisch dafür nichts wund zu schreiben.

    Je dreister, zynischer und verlogener die „Werte“ der westlichen Gemeinschaft ausgedrückt werden (in der Diplomatie, bei den Sanktionen), desto größer ist der Drang der Menschen darüber zu reden. Auch die Quellen von der geschenkten Informationsflut, die unsere Meinung bildet zu hinterfragen.

    Ihre Texte und die Kommentare, die ich seeehr gerne lese, sind für mich objektiv betrachtet wie ein Schild wo drauf steht „Achtung!..“, „Vorsicht!“, „Sei gewarnt!“. Wenn ich Ihre Texte subjektiv betrachte, verletzt es mich oft innerlich. Damit meine ich, dass ich beim Lesen ein plakatives Gerechtigkeitsgefühl empfinde und dabei so etwas denke wie, „wenn ich die Macht hätte, würde ich…, aber so bin ich vielleicht (nur) in der Lage für meine Familie oder evt. sogar für den unmittelbaren Bekanntschaftskreis und mich ein (Vorbild/Held) darzustellen“. Auch wenn das kindisch klingt, ist die subjektive Betrachtung die, die mich inspiriert und motiviert eine für mich reflektierte Form globaler Probleme zu entwickelt und gegenzuprüfen. Ich danke Ihnen und den Kommentatoren für diesen Anreiz.

    Grüße

    Johnny

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